Rede von Claudia Müller Corona-Überbrückungshilfen

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28.01.2021

Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Minister Altmaier hat gestern im Ausschuss betont, wie wichtig Verlässlichkeit für Unternehmen sei. Ich fand das, ehrlich gesagt, schon fast frech; denn seit Monaten fordern ich und meine Kolleginnen und Kollegen ihn und Minister Scholz genau dazu auf, endlich für Planungssicherheit für die Unternehmerinnen und Unternehmer durch langfristig angelegte Coronahilfen zu sorgen.

Ihre kurzfristigen Hilfszeiträume, die immer neuen Programme und – Frau Poschmann hat es auch zugegeben – die mangelhafte Kommunikation haben dazu geführt, dass wir eine große Verunsicherung und einen großen Vertrauensverlust in die Politik haben; denn die Unternehmer/-innen können kaum abschätzen, wie hoch die zu erwartenden Hilfen sind. Und dann die Angst, vielleicht auf den Beantragungskosten sitzen zu bleiben. Und dann: Wann kommen die Gelder? In welcher Höhe kommen sie? Und: Müssen sie vielleicht zurückgezahlt werden? Das ist ja das, was wir jetzt momentan haben: Dadurch, dass nachträglich FAQs geändert wurden und nicht richtig kommuniziert wurde, wie das Beihilferecht aussieht, wird es so sein, dass viele ihre Mittel zurückzahlen werden; und das ist nicht hinzunehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])

Dieses Chaos – ja, ich benutze dieses Wort – ist von Ihnen hausgemacht.

Es ist schlicht und ergreifend in so vielen Sachen etwas verpasst worden, nicht nur bei den Hilfen; darüber haben wir ja im Frühjahr zum ersten Mal gesprochen. Wir haben Sie bereits im Sommer gebeten, eine Form von Pandemiewirtschaft aufzusetzen, dass wir wirklich das Thema Impfstoffproduktion angehen, dass wir das Thema Maskenproduktion angehen. Was ist passiert? Nichts. Wir haben Zeit verloren, weil Sie nicht zugehört haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Sie haben ein Chaos veranstaltet; und das ist nicht hinnehmbar.

Wie prekär die Situation ist, sieht man zum Beispiel bei den Soforthilfen: 13,7 Milliarden Euro Soforthilfen wurden ausgezahlt. Bis jetzt wurden davon bereits 567 Millionen entweder zurückgezahlt oder werden zurückgefordert. Und das läuft – entgegen der Aussage des Ministers – eben nicht immer mit Augenmaß ab. Wer sich davon überzeugen will: Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland hat Fälle von Rückforderungen zusammengetragen und solche, wo Menschen jetzt wegen Subventionsbetrug strafverfolgt werden. Es ist wirklich unfassbar, was das für Gründe sind. Da ist eine Nachbesserung dringend notwendig; denn es tut unserer Gesellschaft nicht gut, wenn engagierte Unternehmer/-innen, die aufgrund mangelnder Kommunikation, aufgrund falscher Information Dinge missverstanden haben, jetzt kriminalisiert werden. Ich bitte Sie, hier wirklich mit Augenmaß vorzugehen. Die Rückzahlung ist für die meisten bereits Strafe genug.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Christian Dürr [FDP] und Ralph Lenkert [DIE LINKE])

Zum Thema Kommunikation: Sie reden an jeder Stelle von Fixkosten. Es sind aber nicht die Fixkosten, es sind die ungedeckten Fixkosten. Das ist ein himmelweiter Unterschied und hat Auswirkungen auf die Höhe. Sie versprechen etwas – Sie reden von schneller und umfassender Hilfe –, und wenn man sich dann die Details anschaut, muss man feststellen: Genau das wird nicht erfüllt.

Und dann das Petitum. Sie lassen die Selbstständigen, die Gründer/-innen, die Unternehmer/-innen im Stich. Es gibt keine Anrechnung der Lebenshaltungskosten, es gibt keine Anerkennung der Krankenkassenkosten. Was Sie für diese Gruppe haben, sind warme Worte und sonst nichts. Und das haben die Menschen in diesem Land nicht verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Müller. – Mit diesen Worten und dem Nachfolgehinweis, dass der Kollege Hansjörg Durz, CDU/CSU-Fraktion, angesichts der fortgeschrittenen Zeit seine Rede – wie ich finde: vorbildlich –zu Protokoll gegeben hat

, schließe ich die Aussprache.