Rede von Dr. Franziska Brantner Deutsch-französische Reformpartnerschaft
- Europa
- Finanzkrise
Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Grüne haben die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion auf die heutige Tagesordnung gesetzt. Eigentlich wäre es an der Regierung, dem Parlament einmal vorzustellen, was sie vorhat, und uns nicht nur per Sonntagszeitung darüber zu informieren. Es ist traurig, dass kein Vertreter der Regierung, der auf europäischer Ebene tätig ist, hier also Herr Roth, anwesend ist, um dieses Thema mit uns zu diskutieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])
250 Tage, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat es gebraucht, bis Frau Merkel Herrn Macron eine Antwort gegeben hat. 250 Tage – und das in einer Situation, die für uns Europäer alles andere als beruhigend ist: ein US- Botschafter, der offen angibt, Europa spalten zu wollen; Putin, der vorgibt, Europa einen zu wollen, und das Gegenteil tut; China, das Europas Infrastruktur aufkauft, um daraus politisch Profit zu schlagen. ln dieser Situation müsste doch allen klar sein: Wenn wir Europäerinnen und Europäer uns nicht selber helfen, hilft uns keiner. Wir wissen alle: Die Währungsunion ist nicht vollendet. Es braucht weitere Reformen und Solidarität zur Stabilisierung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Macron hat Vorschläge gemacht, Juncker ebenso. Doch Frau Merkel wie immer: schweigen und blockieren. Der Druck im Kessel steigt und steigt – und im letzten Moment kommt etwas: wie immer zu spät und dann auch nur ein halber Schritt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist immer die gleiche, brandgefährliche Merkel-Methode.
Erinnern Sie sich, als sich die Euro-Krise in Griechenland zuspitzte? Das war kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Was machte Merkel also? Zögern, zaudern, warten bis zur Wahl. Dadurch eskalierte die Situation auf den Finanzmärkten. Eine rechtzeitige Antwort wäre so viel billiger gewesen.
Ein weiteres Beispiel ist Italien. Erinnern Sie sich? 2011 ist es durch Berlusconi in eine große Krise geraten. Er hatte sich eher um seine Liebschaften gekümmert als um sein Land. Dann kam Monti dran. Er ging die Reformen an: Rente, Arbeitsmarkt, die Berufsstände. Das alles ging er an. Gleichzeitig kam der Druck aus Europa, zu sparen. Er macht es. 30 Milliarden Euro kürzt er. Das war ein tödlicher Mix für die Wirtschaft und die Demokratie.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Da hätte es klare Signale von Frau Merkel gebraucht, um die Menschen und nicht nur die Märkte zu beruhigen.
Jetzt gilt es, aus den Fehlern der letzten Jahre zu lernen. Kein Zaudern, kein Zögern, stattdessen endlich Handeln, und zwar im Sinne Gesamteuropas.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Mit Blick auf die Wirtschafts- und Währungsunion gibt es vier Aufgaben.
Erstens: Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit stärken durch kluge Reformen und gezielte Investitionen.
Zweitens: Stabilisierung und Ausgleich makroökonomischer Unterschiede. Die gibt es. Die Idee Macrons, gemeinsame Aufgaben gemeinsam zu finanzieren, ist doch absolut richtig. Lassen Sie es uns endlich angehen und gemeinsam stemmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Drittens: Rettungen in Notsituationen dürfen für den Steuerzahler nicht mehr teuer werden. Das geht mit der Vollendung der Bankenunion. Klar ist hier aber auch: Wer sein Haus selber anzündet, der darf nicht auf die Versicherung hoffen.
Viertens: Wir brauchen eine starke soziale Säule mit europäischen Mindeststandards; denn auch Sozialpolitik trägt zur Stabilisierung der Euro-Zone bei.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und was sind Merkels Antworten? Wie immer kommen sie nicht nur zu spät, sondern sie sind auch zu wenig. Und dann sind es noch Vorschläge, die zu weniger statt zu mehr demokratischer Legitimation führen. So will sie den Europäischen Währungsfonds rein zwischenstaatlich und ohne parlamentarische Kontrolle. Man gießt doch Öl ins Feuer der Populisten, wenn man in der Euro-Zone auf weniger Öffentlichkeit und Transparenz setzt statt auf mehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir wissen auch, dass sie wieder einmal viele Aufgaben angesprochen hat und was sie alles in Europa machen will. Das Problem ist nur: Sie gibt kein Geld dafür. Es sind alles nette Worte, aber es gibt kein Geld. Das ist auch nicht überraschend, schließlich steht die Landtagswahl in Bayern an. Ich kann nur hoffen, dass es nicht wieder so lange dauert, bis irgendetwas kommt, und dann wieder nur ein kleiner Trippelschritt. Es ist eigentlich zu gefährlich, mit innenpolitischen Machtspielen alles in Europa aufs Spiel zu setzen. Geben Sie sich einen Ruck!
Vizepräsidentin Petra Pau:
Frau Kollegin.
Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Handeln Sie endlich für unsere Zukunft!
Ich danke Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)