Rede von Dr. Franziska Brantner Deutsch-Französische Zusammenarbeit

09.11.2018

Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Sonntag jährt sich das Ende des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Der Erste Weltkrieg war vor allem auch eine deutsch-französische Tragödie. Da kommen wir her, und da wollen wir nie wieder hin. Aber zwischen 1918 und heute war noch ein Krieg. Erst danach wurden endlich die richtigen Konsequenzen für Demokratie und für Europa gezogen – zum Glück. Das bedeutet gegenseitige Solidarität und kein „Mein Land zuerst“. Das bedeutet, dass es fair zugeht. Nationalismus nie und nimmer, meine Damen und Herren!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich danke der FDP für die Debatte. Es ist gut, dass Sie diesen Antrag gestellt haben und dass wir deswegen heute hier darüber diskutieren können.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

– Danke schön, Sie können ruhig klatschen.

(Zuruf des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP])

– Ich finde es wirklich gut, dass Sie diese Debatte heute auf die Tagesordnung gesetzt haben. Wir wissen, es ist immer auch ein Wettkampf unter den Fraktionen, welches Thema aufgesetzt wird. Deswegen finde ich es richtig gut, dass Sie es getan haben.

Aber ich finde, wenn wir unser Europa und unsere Demokratie erhalten wollen, müssen wir auch aufzeigen, wo die Unterschiede bei den Fraktionen in diesem Haus sind, wenn es darum geht, die deutsch-französische Kooperation auszugestalten.

Von daher erlauben Sie mir, auch zu sagen, wo wir Differenzen zu Ihrem Antrag sehen. Sie fordern, dass sich Deutschland und Frankreich bei der Beschaffung und dem Export von Rüstungsgütern besser abstimmen. Das ist uns Grünen zu wenig. Wir brauchen nicht nur bessere Abstimmung, sondern wir brauchen klare gemeinsame Regeln für die Beschaffung, aber eben auch für den Export von Rüstungsgütern, und zwar gute Regeln auf hohem Standard, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die FDP fordert in ihrem Antrag auch, dass sich Deutschland und Frankreich bei den Handelsverträgen dafür einsetzen sollen, dass der Abbau von Handelshemmnissen im Mittelpunkt steht. Da kann ich Ihnen nur sagen: Für uns Grüne stehen die Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt und nicht die Handelshemmnisse.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Die profitieren am Ende ja!)

Das bedeutet dann auch Umweltstandards, Verbraucherschutzstandards, Standards bei der Daseinsvorsorge. Das steht für uns im Mittelpunkt.

Aber die größte Schwäche des Antrags ist, dass er kein Wort über die Euro-Zone verliert. Dabei ist das einer der wichtigsten Bereiche, bei dem Deutschland und Frankreich vorangehen müssen. Hier geht es, Herr Hampel, nicht darum, sich gegenseitig in die Tasche zu greifen – wo ist eigentlich Herr Hampel? ist egal –, sondern es geht darum, dass wir gemeinsam in unsere gemeinsame Zukunft investieren. Das steht auf der Tagesordnung und ist auch dringend notwendig, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])

Es bringt nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU, CSU und SPD, von der Großen Koalition, wenn Sie hier immer wieder die Prinzipien erwähnen, um die es richtigerweise geht – Herr Hardt, Sie haben es sehr schön ausgedrückt –, aber in der Realität die Politik dem nicht entspricht. Ich kann nur sagen, dass es okay ist, wenn man nicht alle Vorschläge von Herrn Macron sofort akzeptiert; man kann auch Nein sagen.

(Tino Chrupalla [AfD]: Ach!)

Hier habe ich den Anspruch an Sie, dass Sie eine Alternative vorlegen, dass Sie sagen, was Sie wollen. Bis jetzt haben wir nur einen Vorschlag von Finanzminister Scholz: die Arbeitslosenversicherung. Aber davon will in der Regierung niemand etwas hören. Von daher haben wir bis jetzt noch keine Antwort von der Regierung dazu, was wir nach vorne gerichtet haben wollen. Das ist eine verpasste Chance. So geht deutsch-französische Kooperation eben nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin beim Suchen in unserer Geschichte auf einen Satz von Helmut Kohl gestoßen:

Wir werden die Grenzen zwischen unseren Ländern abschaffen.

Das hat er 1984 gesagt. Das war das Versprechen von Mitterrand und Kohl, das jetzt im Schengener Grenzkodex verankert ist. Dieses Versprechen scheinen einige vergessen zu haben. Ich erinnere nur an die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich, die seit mittlerweile drei Jahren existieren. Die Fakten heute sind aber, dass nur noch 15 Prozent der Asylbewerber über Bayern nach Deutschland einreisen. In acht Wochen, also zwei Monaten, hat die Bayerische Grenzpolizei genau vier Asylbewerber abgewiesen. Das heißt, wir haben diese Grenzkontrollen in einer wichtigen Region wegen vier Personen in zwei Monaten. Das hat nichts mehr zu tun mit dem Versprechen von Helmut Kohl, ein freies Europa gemeinsam zu gestalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Da haben Sie recht!)

Kommen Sie dahin wieder zurück. Lassen Sie uns die neuen Nachbarschaftsregionen gemeinsam ausgestalten. Dafür haben wir gute Vorschläge erarbeitet. Ich hoffe, dass wir es im Januar gemeinsam beschließen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)