Rede von Omid Nouripour Deutsche G7-Präsidentschaft

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27.01.2022

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung übernimmt nun die Präsidentschaft der G 7 in Zeiten sehr großer globaler Aufgaben. Dementsprechend sind auch die Schwerpunkte, die von dieser Bundesregierung auf die Agenda gesetzt worden sind, sehr ambitioniert – und das ist auch gut so.

Es gibt einen sehr klaren Schwerpunkt – gut abgestimmt mit allen Häusern und auch vom Auswärtigen Amt nach vorne gestellt –, nämlich den Klimaschutz. Das ist eine Aufgabe, die gewaltig und groß ist. Auch in Deutschland haben wir sehr viel zu tun – wir haben es in der Eröffnungsbilanzpressekonferenz des Klimaministers und Vizekanzlers Robert Habeck letzte Woche gesehen –: Es ist sehr, sehr viel nachzuholen, was in den letzten Jahren liegen gelassen worden ist – trotz all der Rhetorik in Bezug auf die vor uns liegende Menschheitsaufgabe. Und: Es ist eine Menschheitsaufgabe, und jetzt muss man auch dementsprechend agieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man sich aber die Signatarstaaten von Paris und deren Klimaziele anschaut und diese zusammenaddiert – vorausgesetzt, alle diese Staaten werden ihre nationalen Klimaziele einhalten –, dann landen wir bei 2,4 Grad Erderwärmung. Das ist schlicht nicht genug, und das zeigt, dass wir da weit mehr tun müssen. Das ist die Frage, mit der sich die G 7 beschäftigen müssen, und deshalb stelle ich das hier auch an den Anfang.

Wir brauchen eine weltweite Allianz, natürlich auch ausgehend von den G 7. Ja, es muss über den Know-how-Transfer diskutiert werden, wenn es um Technologie für den Klimaschutz geht. Ja, es muss auch Vereinbarungen geben über Wege der CO2-Bepreisung. Und: Ja, es geht natürlich auch um fortschreitende Reformbemühungen. Es ist vorhin auch vom Kollegen Hofreiter – ich finde, völlig zu Recht – das Thema „CO2-Grenzausgleichsmechanismus innerhalb des Green Deal“ benannt worden. Auch dazu wird es innerhalb der G 7 sehr viele Gespräche geben müssen. Das ist auch gut so.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden in dem Bereich aber mehr machen müssen. Wir werden all diese Maßnahmen natürlich auch global unterfüttern müssen und müssen dabei Menschenrechte und den sozialen Ausgleich berücksichtigen. Natürlich ist es auch absolut zentral, dass wir weiterhin auf lokale Zivilgesellschaften setzen, die unermesslich Wichtiges leisten, gerade auch im Bereich Klimaschutz.

Im Übrigen, der derzeitige Konflikt mit der Ukraine zeigt, wie richtig das ist, was Robert Habeck vor wenigen Wochen von diesem Pult aus gesagt hat: Entscheidend ist, dass wir endlich herunterkommen von unserem Hunger nach Fossilem. Das ist nicht nur ein Gebot von Klimaschutz, das ist nicht nur ein ökonomisches Gebot, es ist auch ein Gebot der Friedenspolitik. Dort werden wir sehr viel mehr leisten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bekämpfung der Pandemie ist ein weiterer Schwerpunkt dieser Präsidentschaft; auch das ist gut und richtig so. Eine Pandemie breitet sich weltweit aus. Vom Tag eins dieser Pandemie an sagten alle, die sich damit auskennen: Diese Pandemie ist erst dann beendet, wenn sie weltweit beendet ist. Es ist bekannt: Je länger die Pandemie dauert, je länger Hilfe für die Schwächeren ausbleibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit des Mutierens des Virus und des Entstehens von neuen Varianten. Deshalb ist es notwendig, auch dort ins Tun zu kommen.

Es ist gut, dass Covax im letzten Jahr 800 Millionen Impfdosen verteilt hat, gerade auch an die Schwächeren. Es ist gut, dass die G 7 jetzt für dieses Jahr 900 Millionen Impfdosen in Aussicht gestellt haben; aber sie müssen ja auch verimpft werden. Es muss ja auch Kühlketten geben, und es ist auch notwendig, dass die Haltbarkeitsdaten zu den Kapazitäten passen, die vor Ort teilweise minimal sind. Deshalb ist es absolut notwendig, auch auf Kapazitätsaufbau in schwachen Staaten zu setzen. Das ist ein Schwerpunkt dieser Präsidentschaft, und das ist auch gut so – im Übrigen auch deswegen, weil wir ja wissen, dass es bei den nächsten Pandemien – es kann sie geben; sie sind nicht unwahrscheinlich – hinsichtlich globaler Gesundheit natürlich auch auf Infrastruktur im Gesundheitssystem auf der ganzen Welt ankommt. Das ist nicht nur ein Gebot der Solidarität, sondern auch ein Gebot des Selbstschutzes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Der dritte Schwerpunkt, den ich hier noch einmal herausstellen will, ist die Stärkung der Widerstandskraft unserer Demokratien. Unsere Demokratie ist einem massiven Stresstest ausgesetzt. Wir haben es mit Extremisten zu tun, mit Gewaltbereiten, mit einem massiven Schleudern von falschen Informationen und damit mit einer Unterminierung von Vertrauen. Daher ist es umso klarer, dass wir alle gemeinschaftlich, wenn wir Demokratinnen und Demokraten sind, für gute und für unabhängige journalistische Arbeit eintreten müssen, um diesem Falschen entgegenzutreten.

Wenn ich mir jetzt anschaue, wie beispielsweise „RT DE“ – „Russia Today Deutsch“ – dieser Tage agiert und welche Zwischenspiele es beispielsweise zwischen der AfD und „Russia Today“ gibt, dann ist das eindeutig: Sie arbeiten nicht für Deutschland, sondern gegen die Demokratie und machen sich dort auch noch zum Vehikel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Lächerlich!)

Wir werden alle gemeinsam dem entgegentreten.

(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Demokratie bedeutet Pressefreiheit!)

Das ist das Gebot der Demokratie, auch im Rahmen der G-7-Präsidentschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Nouripour. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gregor Gysi, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)