Dieselfahrverbote
Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer mehr Gerichte ordnen Fahrverbote an, Dieselautos verlieren jeden Tag an Wert. Die Zeit für Verschleppen, Verzögern und Vertagen im Abgasskandal ist endgültig vorbei.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist skandalös, dass die Bundesregierung seit drei Jahren wirksame Maßnahmen für saubere Luft und weniger Abgase blockiert und ausgerechnet wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen mit einem neuen Dieselkonzept um die Ecke kommt.
Wir brauchen endlich wirksame Lösungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das geht nur mit Hardwarenachrüstung für schmutzige Dieselautos auf Kosten der Hersteller;
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
denn nur so wird es gelingen, die Schadstoffbelastung in den Städten unter den Grenzwert zu drücken.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Doch Verkehrsminister Scheuer legt weiter seine schützende Hand über die Automobilindustrie und setzt mit seinem neuen Konzept in erster Linie auf den Tausch oder die Rücknahme von Dieselautos. Offenbar versteht sich der Minister als Vertriebspartner der Automobilindustrie. Millionen älterer Dieselautos sollen zurückgekauft oder gegen andere Autos ausgetauscht werden. Doch wollen wir wirklich Fahrzeuge, die teilweise nur wenige Jahre alt sind, verschrotten? Oder sollen sie ins Ausland verkauft werden und dort die Luft verschmutzen? Wenn Flottenerneuerung statt Hardwarenachrüstung Priorität hat, ist zu befürchten, dass am Ende die Verbraucherinnen und Verbraucher für die Betrügereien der Industrie die Zeche zahlen werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und gegen welche Autos soll eigentlich getauscht werden? Hoffentlich nicht gegen Autos mit der Abgasnorm Euro 6. Denn nach Zahlen des Umweltbundesamtes liegen bei diesen Autos die Emissionen auf der Straße im Schnitt um den Faktor 6 über dem Grenzwert. Wenn schon getauscht wird, dann gegen Autos mit der aktuellen Abgasnorm Euro 6d, weil deren Grenzwerte auf der Straße und nicht nur im Testlabor eingehalten werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Scheuers Plan soll wohl auch nur für 10 Städte gelten. Doch, meine Damen und Herren, die Luft ist nicht nur in 10 Städten schlecht, sondern die Grenzwerte werden in 65 Städten überschritten. Was ist mit den Dieselautobesitzern, die nicht in diesen 10 Städten wohnen, aber diese Städte im Urlaub oder bei einer Dienstreise besuchen wollen? Diese sind dann weiter von Fahrverboten betroffen. Wie ist es eigentlich mit der Wahlfreiheit bei der Mobilität? Davon bleibt dann nichts übrig, obwohl Herr Minister Scheuer die Wahlfreiheit ständig sehr hoch hängt.
(Johannes Kahrs [SPD]: Stephan, der Minister ist doch gar nicht da! Dann brauchst du ihn nicht anzusprechen!)
– Du kannst mir ja helfen, lieber Johannes, ihm das auszurichten. Vielleicht hilft es ja für die Beratungen, die er morgen zu diesem Thema hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Beim Thema Hardwarenachrüstungen fallen dem Minister bis heute viele Bedenken ein. Seine Bedenken kann man aber ausräumen. Verschiedene Firmen bieten längst SCR-Katalysatoren an. Auch die Automobilhersteller hätten längst Nachrüstungssysteme entwickeln können, wenn die Bundesregierung nicht drei Jahre lang untätig gewesen wäre, sondern von Anfang an auf Hardwarenachrüstungen gesetzt hätte.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der ADAC hat im Übrigen mit Unterstützung des Verkehrsministeriums in Baden-Württemberg nachgewiesen, dass Hardwarenachrüstungen erstens möglich, zweitens wirksam und drittens bezahlbar sind. Das beweisen Langzeittests bei Autos von Opel, von Volkswagen und von Fiat. Es geht also. Das Einzige, was fehlt, ist der politische Wille. Das muss sich ändern.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Heute ist die Chance, das mit den vorliegenden Anträgen zu ändern.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)