Rede von Beate Müller-Gemmeke Digitale Betriebsratsarbeit

Foto von Beate Müller-Gemmeke MdB
19.01.2023

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Union bezeichnet in ihrem Antrag die Digitalisierung der Mitbestimmung als – Zitat – „ständige Aufgabe“.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Richtig!)

Als ich das gelesen habe, musste ich doch ein bisschen schmunzeln. Für diese ständige Aufgabe hatten Sie, die Union, ja eigentlich richtig viel Zeit; aber erst jetzt in der Opposition wollen Sie die digitale Betriebsratsarbeit so richtig weiterentwickeln.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Ach, das ist doch Blödsinn! Da haben Sie die letzten 16 Jahre aber ganz schlecht zugehört!)

Für uns ist das nichts Neues; das sind Forderungen, die wir bereits im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Aber es freut uns, dass Sie, die Union, unsere Gesetze zur Mitbestimmung tatkräftig unterstützen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die Union fordert Onlinewahlen bei den Betriebsräten. Genau das haben wir als Pilotprojekt auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Und dass wir mit einem Pilotprojekt starten, das hat auch gute Gründe; denn die notwendigen Standards müssen natürlich unbedingt gewährleistet sein. Beispielsweise muss eine geheime Stimmabgabe sichergestellt werden, und natürlich darf es keine Möglichkeiten für Manipulationen geben. Fakt ist: Die Union hat das Thema Onlinewahlen nie angefasst, und wir werden das jetzt tatsächlich anpacken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir wollen die Betriebsratsarbeit ganz grundsätzlich digital ermöglichen. Aktuell können die Betriebsräte zwar Videokonferenzen durchführen, Präsenzsitzungen haben aber immer noch Vorrang. Das zeigt, dass die Union bei dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz, das im Antrag sehr gelobt wird, auf halbem Weg stehen geblieben ist. Wir als Ampel gehen da weiter. Wir haben vereinbart, dass Betriebsräte künftig selber entscheiden sollen, ob sie digital oder analog arbeiten wollen.

Ich war zum Beispiel vor Kurzem bei einer Zeitung mit Redaktionen an unterschiedlichen Orten, und der Betriebsrat dort hofft auf digitale Betriebsversammlungen, weil dann bestimmt mehr Beschäftigte aufgrund entfallender Fahrzeiten teilnehmen werden. Andere Betriebsräte setzen wiederum auf den direkten Austausch, weil die Beschäftigten beispielsweise gar nicht über die nötige technische Ausstattung verfügen. Was richtig ist und was passt, können also die Betriebsräte selber am besten beurteilen. Genau das verstehe ich unter einer Mitbestimmung, die zeitgemäß und modern ist – auf Augenhöhe, mit starken Rechten und auch gerne digital.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Außerdem fordert die Union ein Recht auf digitalen Zugang für Betriebsräte. Dieses Recht haben die Betriebsräte bereits, das ist x‑fach gerichtlich bestätigt worden, und das ist auch gelebte Praxis in den Unternehmen. Das wäre also nur eine Klarstellung. Was wir als Ampel aber einführen werden, das ist ein Recht auf digitalen Zugang für die Gewerkschaften.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Hier ist tatsächlich eine gesetzliche Grundlage überfällig. Denn Digitalisierung einerseits und das alte analoge Schwarze Brett andererseits – das geht einfach nicht zusammen. Deshalb muss der Zugang der Gewerkschaften zum Unternehmen endlich um einen digitalen Zugang ergänzt werden. Das ist wichtig, und auch das werden wir in diesem Jahr umsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wir Grüne und auch die Ampel insgesamt sind bei diesem Thema gut aufgestellt, auch ohne den Antrag der Union. Wir haben einen konkreten Plan für mehr Digitalisierung bei der Mitbestimmung. Und wir werden die Mitbestimmung auch an anderen Stellen noch weiterentwickeln. Damit werden wir dann die Betriebsräte, aber auch die Gewerkschaften und insgesamt die Mitbestimmung stärken. Und das ist auch gut so!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Susanne Ferschl, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)