Rede von Markus Kurth Digitale Rentenübersicht und Sozialversicherungswahlen
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Matthias W. Birkwald, Ihre digitale Skepsis ist ja
(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Legendär!)
im Ausschuss für Arbeit und Soziales hinlänglich bekannt,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zu Recht!)
auch was das Ausschussformat anbelangt, wenn wir online tagen. Dass Sie dann die digitale Rentenübersicht kritisieren und die Onlinewahlen, passt da natürlich ins Bild.
(Beifall des Abg. Dr. Matthias Bartke [SPD])
Und wir haben ja durch ein kleines Gespräch am Rande des Ausschusses auch erfahren, dass Sie zu Hause noch ein gedrucktes Telefonbuch haben.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Und auch nicht telefoniert, sondern Rauchzeichen schickt!)
Aber okay, Vielfalt ist ja auch ein Wert.
Die gesetzlichen Änderungen, die jetzt vorgenommen werden, insbesondere auch diejenigen, die durch den Änderungsantrag hinzugekommen sind – bei der Beschaffung von Rehaleistungen –, verbessern in der Tat das Gesetz und werden – das will ich gleich vorwegsagen – dazu führen, dass wir zustimmen.
Dass das Wunsch- und Wahlrecht ausgebaut wird, dass Anerkennungsverfahren verändert werden, ist auf jeden Fall begrüßenswert. Ob allerdings Ihr Verfahren zur konsensualen Preisfindung zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern erfolgreich sein wird, Herr Straubinger, das wird sich noch erweisen. Es wäre ja schön, wenn dem so wäre. Aber wir wissen gerade aus dem Bereich der Rehapolitik, der Behindertenpolitik, dass da ja meistens die eine Seite der anderen Seite das Schwarze unter dem Fingernagel nicht gönnt und dass deswegen gerade die Leistungsberechtigten allzu oft auf der Strecke bleiben. Da sagen wir: Da fehlt nicht nur bei den Reha‑Rentenleistungen ein Sanktionsmechanismus, wenn die beiden Seiten – Leistungserbringer, Kostenträger – einfach unfähig sind, sich zu einigen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das darf nicht auf dem Rücken von Menschen – oftmals Menschen mit Behinderungen – ausgetragen werden.
Im Hinblick auf die Sozialwahlen – dazu haben wir auch einen eigenen Antrag eingebracht – wäre wirklich mehr Mut vonnöten gewesen, um die Seite der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht nur nicht zu zersplittern, sondern sie zu stärken.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein Punkt ist in der Debatte viel zu wenig beachtet worden, nämlich dass die beitragsfrei Mitversicherten kein aktives Wahlrecht in der Selbstverwaltung haben; das muss man sich einmal vorstellen! Das sind ganz überwiegend Frauen. Ich bin mit meinem Mitarbeiter eben noch einmal die Zahlen durchgegangen: Es sind fast 3 Millionen mitversicherte Frauen und 300 000 mitversicherte Männer. Ja, sie zahlen keine Beiträge; für sie werden aber durch die hauptversicherte Person Beiträge gezahlt. Diese Mitversicherten sind aber in besonderem Maße betroffen von den Leistungsentscheidungen, gerade auch der Krankenkassen. Wir wollen eine Demokratisierung und Stärkung gerade in diesem Bereich, und wir werden – das ist ja bekannt – in der nächsten Legislaturperiode den Versichertenkreis noch ausweiten durch erste Schritte in die Bürgerversicherung. Dann kommen ja auch Selbstständige und andere – Stichwort „Wahlfreiheit für Beamte“ – mit hinein.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn man die Bürgerversicherung einführt, muss man das Wahlrecht sowieso universell ausgestalten und die Selbstverwaltung stärken. Das werden wir in der nächsten Wahlperiode übernehmen.
Danke.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Das ist keine Friedenswahl, das ist eine Bundestagswahl, und die müsst ihr erst einmal gewinnen!)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Markus Kurth.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den nächsten Redner aufrufe, komme ich zurück zum Tagesordnungspunkt 14 a. Die Zeit für die namentliche Abstimmung ist gleich vorbei. Ich frage jetzt, ob es noch ein Mitglied des Hauses gibt, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat. – Ich sehe niemanden hektisch rennen. Es scheint so, dass alle abgestimmt haben, die abstimmen wollten.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Wie immer wird Ihnen das Ergebnis der Abstimmung später bekannt gegeben.
Dann komme ich jetzt zum nächsten Redner; das ist für die SPD-Fraktion Michael Gerdes.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)