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14.01.2021

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Altmaier, Sie haben sich sehr viel Zeit gelassen, um diese Reform des Wettbewerbsrechts in den Bundestag einzubringen: Anderthalb Jahre nachdem wir den Referentenentwurf – geleakt zwar, aber in einer eigentlich dem heutigen Gesetz sehr ähnlichen Fassung – zu Gesicht bekommen haben, schaffen Sie es endlich, dieses Gesetz in den Bundestag einzubringen. Diese Langsamkeit ist in dieser Krise fatal, Herr Altmaier.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In einer Pandemie, in der auf der einen Seite der lokale Handel ums Überleben kämpft und auf der anderen Seite Internetgiganten wie Amazon immer mächtiger werden, wo immer mehr kleine Händler auf die Angebote der digitalen Giganten angewiesen sind, ist ein starkes Wettbewerbsrecht für viele Unternehmen überlebenswichtig. Deswegen wäre es so dringend notwendig gewesen, dass Sie schnell gewesen wären mit dieser GWB-Novelle.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber diese Trägheit im Regierungshandeln ist ein bisschen zum Sinnbild Ihrer gesamten Amtszeit geworden. Das ist gerade in der Coronakrise ein Problem. Der Kollege Theurer hat es eben angesprochen: Sie haben angesichts des erneuten Shutdowns für relevante Bereiche der Wirtschaft über schnelle, unbürokratische, einfache Wirtschaftshilfen gesprochen – und nichts davon ist passiert.

Ihr Chaos im Duo mit Minister Scholz droht viele Unternehmen in den Ruin zu treiben, weil die Hilfen, die zugesagt waren, nicht ausgezahlt werden, weil die Software, die man hätte programmieren können, nicht funktioniert hat. Das sind alles Sachen, auf die hätten Sie vorbereitet sein müssen. Die Unternehmen sind gutwillig. Sie wollen uns unterstützen, und sie wollen die Pandemie bekämpfen; aber dafür brauchen sie auch eine Wirtschaftspolitik, die ihnen das wirtschaftliche Überleben sichert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt legen Sie ein hartes Wettbewerbsrecht vor. Ich muss es sagen: Sie gehen mit diesem Gesetz wirklich einen Schritt in die richtige Richtung, auch wenn wir uns Verbesserungen gewünscht hätten. Es ist zum Beispiel nicht einsichtig, warum Sie das Thema Interoperabilität, bei dem es um offene Schnittstellen und um eine Förderung von Wettbewerb geht, nur auf die ganz Großen des Internets beschränken wollen und warum Sie das nicht grundsätzlich für marktbeherrschende Unternehmen regeln, so wie wir es vorgeschlagen hätten. Es ist nicht verständlich, warum Sie den strategischen Ankauf von Start-ups durch die Großen nicht auch besser regulieren, so wie wir es von Ihnen gefordert hätten. Das alles wären Verbesserungen, die auch im jetzigen Gesetzentwurf möglich gewesen wären. Da müssen Sie in Zukunft nachbessern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Bereich – das ist auch sehr bezeichnend – ist völlig aus Ihrem Fokus geraten, nämlich das Thema Verbraucherschutz. Das Ministerium hat selber einen Entwurf von einem Wissenschaftler dazu entwickeln lassen, wie der Verbraucherschutz im Wettbewerbsrecht hätte gestärkt werden können. Gerade in einer Zeit, in der wir alle zunehmend auf digitale Angebote angewiesen sind, weil man lokal nichts mehr kaufen kann, wäre eine Stärkung der Verbraucherrechte im Wettbewerbsrecht dringend notwendig gewesen. Dass das die große Leerstelle Ihres Gesetzentwurfs ist, ist angesichts der Pandemie ein großes Problem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schließlich haben Sie ein Omnibusgesetz geschaffen, indem Sie die Ausweitung der Tage beim Kinderkrankengeld für die Eltern mit an den Gesetzentwurf drangehängt haben. Es ist gut und richtig, dass die Große Koalition dies jetzt regelt – das haben wir von Ihnen gefordert –, auch wenn Sie hier noch Fragezeichen stehen lassen. Die Situation der Selbstständigen beispielsweise hätten Sie besser in den Blick nehmen müssen ebenso wie die Frage, wie es für die Eltern weitergeht, wenn die Zahl der Kinderkrankentage aufgebraucht, die Pandemie aber noch nicht zu Ende ist.

Zum Schluss richte ich einen eindringlichen Appell an alle, die Verantwortung tragen: Nehmen Sie in der Pandemie die Situation von Kindern besser in den Blick. Treffen Sie nicht einfach Beschlüsse wie den MPK-Beschluss, mit dem Sie Kontaktbeschränkungen für Haushalte vorgeben, wodurch das Leben mit Kindern quasi nicht mehr organisierbar ist. Eltern, die sich wirklich bemühen, sich an alle Regeln zu halten, wissen nicht mehr, wie sie das Ganze schaffen sollen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vizepräsident in Petra Pau:

Kollegin Dröge.

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Familien müssen das Leben organisieren können. Politik hat nicht nur die Aufgabe, zu zeigen, was nicht geht, sondern auch, zu zeigen, wie ein verantwortungsvolles Leben in der Pandemie aussehen kann. Das zu berücksichtigen, ist mein dringender Appell an Sie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident in Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Hansjörg Durz für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)