Rede von Lukas Benner Digitalisierung von Formerfordernissen

Lukas Benner MdB
13.10.2023

Lukas Benner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erzähle Ihnen mal eine kleine Geschichte aus meinem Sommer. Ich wollte einen internationalen Führerschein beantragen – online. Nicht sonderlich kompliziert, meint man. Nun ja. Man musste das Formular online ausfüllen, runterladen, ausdrucken, ein Foto aufkleben, unterschreiben, wieder einscannen, das PDF- in ein JPEG-Format umwandeln, was zwingend die Auflösung 300 dpi haben musste, damit man es hochladen und abschicken konnte. Trotzdem muss ich froh sein, dass in meiner Kommune in Aachen die Onlinebeantragung überhaupt möglich ist.

Das ist ein Beispiel aus meinem Leben. Aber nicht nur ich, sondern viele Bürgerinnen und Bürger erleben in diesem Land, dass wir in der Digitalisierung hinterherhängen. Mit der staatlichen Verwaltung in Kontakt zu treten, ist mühsam, unverständlich und beschwerlich. Das Schlimme daran: Bürgerinnen und Bürger können den Eindruck bekommen, der Staat sei gar nicht mehr für sie da.

Es braucht nur den Blick ins Ausland, um zu zeigen, dass es anders geht. Meine Damen und Herren, hier müssen wir besser werden. Nicht nur in der Verwaltung. Nein, auch im Rechtsverkehr braucht es mehr Digitalisierung. Wir wollen digitaler, wir wollen moderner werden.

Sie sprechen es in Ihrem Antrag an: Formvorschriften erfüllen auch Klarstellungs-, Warn- und Beweisfunktionen – untechnisch gesagt: Schutzfunktionen. Etwas schwarz auf weiß, ja sogar auf Papier gedruckt zu haben, mag in diesen Zeiten antiquiert wirken. Aber für eine Mieterin oder einen Arbeitnehmer bedeutet es zusätzlichen Schutz vor der hastig ausgesprochenen Kündigung. Deswegen ist klar: Digitalisierung und Beschleunigung: ja; aber eben ohne Abstriche beim Arbeitnehmerschutz, beim Mieterschutz oder beim Umweltschutz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Im Rechtsverkehr braucht es mehr Digitalisierung. Mit dieser Erkenntnis, liebe Unionsfraktion, sind Sie doch gar nicht alleine. Die Bundesregierung arbeitet aktuell am Bürokratieentlastungsgesetz IV, in dessen Eckpunkten die Abkehr von der Schriftform bereits enthalten ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Ach, was ist schon alles zugesagt worden!)

Beim Gewerbemietvertrag zum Beispiel kann problemlos auf die Schriftform verzichtet werden. Beim Wohnraummietvertrag in § 550 BGB schlagen Sie das auch vor. Man muss dort aber mit Blick auf die Schutzfunktionen noch einmal genauer hinschauen. Auch Sie erkennen richtig: Die Möglichkeit der elektronischen Form findet in der Praxis faktisch keine Anwendung.

Die Eckpunkte, die es bisher zum BEG IV gibt, beinhalten zum Beispiel einen spannenden Vorschlag: die Möglichkeit, eine schriftliche Kündigung per Smartphone digital übermitteln zu können – ein wirklich spannender Ansatz. Ich freue mich darauf, den bald vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BEG IV gemeinsam mit Ihnen konstruktiv zu beraten.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat Dr. Petra Sitte für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)