Rede von Stefan Schmidt Dispo-Zinsen

09.02.2023

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Dispokredit tappen viele Menschen in die Schuldenfalle. Das hat mir erst vor Kurzem wieder eine Schuldnerberaterin im Gespräch erzählt. Wer einmal in der Dispospirale ist, kommt da schwer wieder raus. Astronomische Zinsen von bis zu 14 Prozent und mehr zwingen die Menschen nicht selten in die Überschuldung. Deswegen fordern wir Grüne schon seit Jahren, überhöhten Zinsen für Dispokredite einen Riegel vorzuschieben. Wir sind noch immer davon überzeugt: Es braucht einen Deckel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Christian Görke [DIE LINKE])

Gerade jetzt inmitten der Rekordinflation und hoher Energiepreise ist der beste Zeitpunkt, über so einen Dispozinsdeckel zu diskutieren – das sage ich auch bewusst in Richtung FDP –; denn die neuesten Zahlen belegen die Dringlichkeit. Jeder siebte Mensch in Deutschland – es wurde gerade schon gesagt – ist innerhalb von drei Monaten mit dem Konto ins Minus gerutscht. Die meisten davon überziehen das Konto, um die gestiegenen Lebensmittelpreise zu zahlen. Obwohl die Bundesregierung viele zielführende Entlastungspakete geschnürt hat – ich nenne die Energiepreispauschale, den Heizkostenzuschuss, die Gaspreis- und die Strompreisbremse sowie vieles andere –, sind es doch vor allem finanzschwächere und ‑schwache Menschen, die den Dispokredit nutzen und in den nächsten Monaten auch nutzen werden. Die Kosten für Dispokredite zu begrenzen, ist also das Mindeste, was wir hier tun sollten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Aber – und das ist für uns Grüne ausschlaggebend – das darf nicht dazu führen, dass Menschen mit kleinen und unregelmäßigen Einkommen, also diejenigen, die am ehesten auf den Dispo angewiesen sind, gar keine Dispokredite mehr bekommen. Genau das ist die Gefahr, wenn der maximal erlaubte Zinssatz zu niedrig ist. Denn das führt dazu, dass die Banken ihr Angebot an Krediten einschränken. Das müssen wir auch verhindern. Deswegen finden wir es falsch, einen x‑beliebigen Zinssatz festzulegen. Die Linke fordert ein Maximum von 5 Prozentpunkten über dem EZB-Leitzins. Aber warum ausgerechnet 5 Prozentpunkte? Das begründen Sie nicht. So funktioniert keine seriöse Finanzpolitik.

Wir Grüne haben einen viel besseren Vorschlag gemacht, mit dem wir die Menschen überzeugen, vielleicht auch die Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Lassen wir uns doch vom Finanzministerium einen angemessenen Maximalzinssatz ermitteln. Er muss aus unserer Sicht zwei Bedingungen erfüllen.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Der Staat legt den Zins fest?!)

– Lassen Sie sich mal den Vorschlag durch den Kopf gehen. – Der Vorschlag sieht so aus, dass wir einen Referenzzinssatz als Basis auswählen, zum Beispiel den Drei-Monats-Euribor, also den Zinssatz, zu dem sich Banken gegenseitig Geld leihen. Auf diesen variablen Zinssatz gibt es noch einen Aufschlag, der von den Banken höchstens erhoben werden darf. Dieser Aufschlag muss sich an den Kosten der Banken orientieren und ist unter dem Strich ein Zinssatz, unter dem es immer geht, aber über den es nicht geht. So gewährleisten wir, dass weiterhin allen Gruppen Dispokredite zur Verfügung stehen. Der Deckel aus variablem Referenzzinssatz und festem Aufschlag schützt die Menschen vor überhöhten Dispozinsen und lässt die Banken kostendeckend arbeiten. Gleichzeitig verhindern wir, dass einige Banken sich auf Kosten der Finanzschwachen die Taschen vollmachen.

Wir Grüne und – ich freue mich – auch die SPD stehen in der Ampel für konstruktive Gespräche über einen angemessenen Dispozinsdeckel bereit. Wir wollen die Menschen vor der Schuldenfalle bewahren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Kay Gottschalk.

(Beifall bei der AfD)