Rede von Dr. Anton Hofreiter Aktuelle Stunde Fridays-for-Future

15.03.2019

Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden so lange streiken, bis ihr etwas ändert. – Das sind die Worte der Schülerin Greta Thunberg, die seit Monaten für mehr Klimaschutz streikt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Heute sind Hunderttausende junger Menschen weltweit auf die Straße gegangen,

(Jürgen Braun [AfD]: Gegen den parlamentarischen Brauch! Das ist unglaublich! Und das auch noch bei einer Aktuellen Stunde!)

um für ihre Zukunft zu kämpfen – in über 1 600 Städten weltweit,

(Peter Boehringer [AfD]: Was ist daran neutral? Nichts! – Jürgen Braun [AfD]: Eine unglaubliche Haltung hier!)

in über 100 Ländern. Es ist ein unglaublich starkes, ein unglaublich positives Signal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Peter Boehringer [AfD]: Das kann so nicht sein! – Jürgen Braun [AfD]: Und er sitzt da und lässt sich alles gefallen!)

Das ist ein Appell, der sich an die demokratischen Parteien hier in diesem Hohen Hause richtet.

(Jürgen Braun [AfD]: Herrschaft des Unrechts!)

Das ist ein Appell, der sich an uns Politikerinnen und Politiker richtet, damit wir unserer Aufgabe gerecht werden, dafür zu sorgen, diesen Planeten bewohnbar zu halten, dafür zu sorgen, dass die jungen Menschen, die so strebsam für ihre Zukunft kämpfen, eine gute Zukunft haben, dafür zu sorgen, dass ihre Lebensgrundlagen erhalten werden. Dieser Appell ist Auftrag an uns alle, endlich Maßnahmen zu ergreifen, damit diese Schülerinnen und Schüler nicht mehr für ihre Zukunft streiken müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber was macht die Große Koalition? Was macht diese Bundesregierung? Anstatt diesen Protest als Anlass zu nehmen, endlich echte Maßnahmen beim Klimaschutz zu ergreifen, fängt sie eine äußerst seltsame Debatte darüber an, ob diese jungen Menschen nicht besser zur Schule gehen sollten.

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Das wäre sinnvoll!)

Man kann nur eines feststellen: Wer als junger Mensch so strebsam, so ehrgeizig für seine Zukunft kämpft, der wird auf alle Fälle auch seine Ziele in der Schule erreichen. Um diese jungen Menschen mache ich mir, ehrlich gesagt, keine Sorgen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Dr. Wiebke Esdar [SPD] – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Samstagvormittag ist besser!)

Ich würde von dieser Bundesregierung erwarten, dass sie endlich echte Maßnahmen ergreift; denn sie befindet sich nicht auf dem Pfad, die Pariser Klimaschutzziele einzuhalten. Die Bundesregierung hat dafür gesorgt, dass der Windkraftausbau im letzten Jahr um mehr als die Hälfte eingebrochen ist. Die Bundesregierung beginnt auch nach dem Bericht der Kohlekommission nicht damit, endlich den Kohleausstieg umzusetzen. Im Verkehrsbereich hat Frau Merkel mal versprochen, dass 1 Million Elektrofahrzeuge, emissionsfreie Fahrzeuge, bis zum Jahr 2020 auf unseren Straßen sind. Bis zum Jahr 2018 waren es 53 000 Fahrzeuge.

(Petr Bystron [AfD]: Gott sei Dank!)

Von einer funktionsfähigen Bahn, von wirksamen Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich oder in der Landwirtschaft wollen wir gar nicht reden.

Frau Merkel hat stattdessen die Streiks der Schülerinnen und Schüler als „sehr gute Initiative“ bezeichnet. Aber ich frage mich: Wo ist denn die sehr gute Initiative der Bundesregierung?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hätte eine große Bitte an die nachfolgenden Redne­rinnen und Redner der Großen Koalition: Bitte kommen Sie nicht mit dem Argument daher, dass das Klimakabinett die sehr gute Initiative ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Man hat nämlich den Eindruck, diese Bundesregierung agiert nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründe ich einen Arbeitskreis. Aber ich benenne es noch mit dem schönen, hochtrabenden Namen „Klimakabinett“.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das ist genau der richtige Weg!)

Handeln Sie endlich! Das erwarten diese jungen Menschen von uns.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Schülerinnen und Schüler streiken jetzt seit einigen Wochen in Deutschland, regelmäßig am Freitag. Das Problematische ist aber – darüber sollte sich insbesondere die Unionsfraktion mal Gedanken machen –, dass sich die Bundeskanzlerin und die unionsgeführte Regierung jetzt seit 14 Jahren im Bummelstreik befinden im Hinblick auf die Umsetzung von echten Klimaschutzmaßnahmen.

(Petr Bystron [AfD]: Das ist kein Streik!)

Das ist das Problem, über das Sie sich unterhalten sollten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Alles bla, bla, bla! Nichts Konkretes!)

Über 20 000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützen die Forderungen der Schülerinnen und Schüler.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Was wären denn die Forderungen? Sagen Sie doch mal!)

Das sind die Profis, auf die Sie hören sollten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Für all diejenigen, die sich Sorgen machen, weil die Schülerinnen und Schüler freitags im Moment nicht zur Schule gehen, habe ich einen ganz einfachen Tipp: Fangen Sie endlich mit wirksamem Klimaschutz an! Dann können die Schülerinnen und Schüler auch wieder guten Gewissens freitags zur Schule gehen.

(Lachen bei der AfD sowie des Abg. Bernhard Loos [CDU/CSU])

Dann müssen sie nicht mehr für ihre Zukunft kämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das wäre eine sinnvolle Maßnahme. Das ist der Auftrag an die Große Koalition. Fangen Sie endlich an!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)