Rede von Dr. Bettina Hoffmann Bundesimmissionsschutz

17.01.2019

Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sollten hier eigentlich besser darüber reden, wie wir saubere Luft in unsere Städte bekommen können. Wir müssen nicht darüber sprechen, ob Stickoxide und Feinstaub krank machen oder ob Grenzwerte, egal wie hoch sie sind, nötig sind.

(Karsten Hilse [AfD]: Doch! Darüber müssen wir reden!)

Das ist alles vielfach bewiesen, selbst wenn der Letzte das noch nicht kapiert hat. Für mich ist jedenfalls klar: Jeder Mensch hat ein Recht auf saubere Luft,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und zwar vor allem empfindliche Menschen, Kinder und Kranke. Das zu regeln, ist die Aufgabe des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, und es regelt völlig klar, was zu tun ist.

(Zuruf von der FDP: Jetzt hören Sie doch mal auf, den Leuten Angst zu machen!)

Stattdessen will die Bundesregierung heute über eine angebliche Klarstellung in diesem Gesetz verhandeln. Danach sollen Fahrverbote in der Regel unverhältnismäßig sein in Städten, in denen der Grenzwert um satte 25 Prozent überschritten wird. Ich frage mich: Was ist daran unverhältnismäßig? Es ist völlig berechtigt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Möring, bei allem Respekt, aber Ihre Begründung eben – – Herr Möring, ich würde Sie gerne noch einmal ansprechen.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Möring, Sie werden gerade angesprochen.

(Karsten Möring [CDU/CSU]: Pardon!)

Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ihre Begründung eben ist aus meiner Sicht ein echt starkes Stück. Sie sagen nämlich, dass Ihnen die Abwägung der Gerichte nicht gefallen habe und Sie deshalb eingreifen. Das können Sie gerne noch einmal nachlesen. Also, das wäre echt ziemlich heftig, würde ich sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ihre angebliche Klarstellung sorgt nur für Verwirrung. Dieser Gesetzentwurf wird die Fahrverbote auf keinen Fall verhindern. Das Bundesverwaltungsgericht hat, wie Sie gesagt haben, glasklar geurteilt: Wenn einzig Fahrverbote helfen, um die Luft schnellstmöglich sauber zu bekommen, dann müssen diese Fahrverbote auch umgesetzt werden, und zwar weil das EU-Recht das zwingend vorschreibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Das ist gar nicht wahr! – Judith Skudelny [FDP]: Da gab es das Gesetz noch nicht!)

Auch die zweite Regelung, die gerade angesprochen wurde und die Frau Skudelny meiner Ansicht nach falsch dargestellt hat, ist merkwürdig: Alle Euro-6-Pkw sollen pauschal in den Fahrverbotszonen fahren dürfen.

(Judith Skudelny [FDP]: Warum liest niemand weiter?)

Das wäre sozusagen ein Freifahrtschein, obwohl unter anderem der ADAC gezeigt hat, dass viele ältere Euro-6-Diesel dafür zu dreckig sind.

(Christian Sauter [FDP]: Wollen Sie die jetzt auch noch enteignen, oder was? – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Was sollen denn die Leute fahren?)

Auch diese Ausnahme wird schlicht unwirksam sein, wenn ein Gericht ein Fahrverbot dieser Autos als nötig ansieht, um das Recht auf saubere Luft durchzusetzen.

Dieser Gesetzentwurf ist eine Nebelkerze. Die Bundesregierung wiegt damit Tausende Bürgerinnen und Bürger in der falschen Sicherheit, dass für ihre Euro-6-Diesel nie Fahrverbote gelten werden oder dass ihre Stadt nie mit einem Fahrverbot belegt wird. Platzt dieser ungedeckte Scheck, wird dies zu Politikverdruss führen,

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Ja, wegen der vielen Verbote der Grünen! Genau deshalb! Wegen der Verbote!)

und das ist wahrscheinlich der schlimmste Aspekt an diesem Entwurf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Umweltministerin und Verkehrsminister simulieren hier sozusagen Handlungsfähigkeit, obwohl sie gar nicht handlungsfähig sind. Dabei liegt die Lösung doch auf der Hand:

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Wo ist die Lösung?)

Führen Sie die Blaue Plakette ein! Sorgen Sie dafür, dass die Dieselfahrer entschädigt werden und dass die Autoindustrie diese Kosten übernimmt! Wenn Sie das endlich umsetzen würden, müssten wir hier nicht einmal im Ansatz über diesen Gesetzentwurf reden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Keine Lösung!)