Rede von Deborah Düring Offenlegung von Ertragsteuerinformationen

Deborah Düring MdB
11.05.2023

Deborah Düring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Es ist ein Skandal, dass internationale Konzerne ihre Gewinne künstlich kleinrechnen und sich somit ihrer Steuerpflicht entziehen.

Nehmen wir das Beispiel von Facebook. Das Unternehmen nutzt Daten von Kundinnen und Kunden und zeigt Werbung, um Geld zu machen. Besonders hohe Gewinne weist Meta in Irland aus – ein Niedrigsteuerland. In Irland nutzen ungefähr 4 Millionen Menschen Facebook. In Deutschland sind es circa 32 Millionen, in Indonesien schon etwa 120 Millionen und in Indien 315 Millionen. In diesen letzten drei Ländern zahlt Meta aber kaum Steuern. Warum? Weil es durch komplexe Konstrukte und konzerninterne Lizenzgebühren oder Zinsen den Gewinn nach Irland verschiebt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ungerecht und inakzeptabel;

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

denn Steuern müssen doch dort gezahlt werden, wo das Unternehmen am Schluss tatsächlich Umsätze erwirtschaftet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es darf nicht sein, dass sich multinationale Trickser einen Vorteil gegenüber kleineren Wettbewerbern erschleichen und somit ihre Marktmacht auf illegitime Weise ausbauen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Philipp Hartewig [FDP])

Und es darf auch nicht sein, dass Staaten wegen dieser Steuervermeidung am Schluss das Geld fehlt, um Bildungs- und Gesundheitssysteme ausreichend zu finanzieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Philipp Hartewig [FDP] – Dr. Götz Frömming [AfD]: Ist das nicht Sache der EU?)

Dass wir heute die EU-Richtlinie in ein nationales Gesetz gießen, ist ein riesiger Erfolg auf dem Weg hin zu mehr Steuergerechtigkeit. Multinationale Konzerne in der EU müssen künftig der Öffentlichkeit Umsatz, Gewinn, Mitarbeitende und gezahlte Steuern pro Land darlegen. Wir – also die weltweite Öffentlichkeit – können dann endlich nachvollziehen, ob Konzerne wie Apple oder Amazon ihren Beitrag zum Gemeinwohl auch dort leisten, wo sie tätig sind. Mit diesen Daten wird eine informierte öffentliche Debatte endlich möglich. Wenn ein Unternehmen in einem Land zwar hohe Umsätze oder Gewinne verzeichnet, aber kaum Steuern zahlt, ist dies ein Warnzeichen für Steuervermeidung oder Steuerhinterziehung.

(Beifall der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und wir können auch die Wirkung von Steuerregeln, wie demnächst zum Beispiel die Mindeststeuer, besser bewerten. Also: rundum eine gute Idee.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sonja Eichwede [SPD] und Philipp Hartewig [FDP])

Aber – Sie haben es ja auch schon gehört – der Weg dahin war relativ lang. Liebe Union, ich würde sagen: Sie haben lang genug blockiert und das Ganze verwässert. Zum Glück sind jetzt wir als Ampel an der Reihe. Wir werden dieses Gesetz durchbringen.

(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Wir hätten es gern verbessert! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Haben Sie „verbessert“ gesagt oder „verwässert“?)

– Sie haben es verwässert.

Wir Grüne haben von Anfang an für dieses Gesetz plädiert und es sehr stark unterstützt. Ich bin froh, dass wir im Parlament auch noch ein paar Verbesserungen anbringen konnten.

Auch wenn wir heute einen Riesenschritt machen, ist für uns Grüne klar, dass noch mehr nötig ist, wenn Deutschland wirklich Vorreiter im Kampf gegen aggressive Steuervermeidung und Steuerhinterziehung werden soll. Die Richtlinie gibt zum Beispiel vor, dass nur Informationen zu Aktivitäten in EU-Ländern und in wenigen weiteren Staaten getrennt veröffentlicht werden. Ich sage: Perspektivisch müssen diese Informationen getrennt pro Land für alle Länder der Welt aufgelistet werden.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Pro Stadt!)

Denn nur so können auch die Parlamente, die Zivilgesellschaft und die Öffentlichkeit des Globalen Südens bewerten, inwiefern multinationale Konzerne ihrer Steuerpflicht vor Ort gerecht werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hierfür haben wir im Ampeländerungsantrag ein Signal gesetzt, um perspektivisch die Anzahl der Länder zu erweitern. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, globale Gerechtigkeit bedeutet globale Steuergerechtigkeit. Mit diesem Gesetz sind wir dem ein Stück näher.

Ich freue mich darauf, mit Ihnen noch viele weitere Schritte in die richtige Richtung zu gehen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)