Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

24.10.2019

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich, ehrlich gesagt, ein bisschen gewundert, als ich gesehen habe, dass sich die AfD für eine sogenannte Ehrenamtskarte einsetzt; denn in den Ländern sind Sie dabei noch nicht besonders aufgefallen. Im Gegenteil: Vor zwei Jahren haben Sie in Mecklenburg-Vorpommern gegen eine solche Ehrenamtskarte gestimmt. In Brandenburg haben Sie der Anerkennung der dortigen Ehrenamtskarte für vergünstigte ÖPNV-Tickets nicht zugestimmt.

(Zuruf des Abg. Jan Ralf Nolte [AfD] – Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)

– Auf das Verhältnis von Bund und Ländern in Ihrem Antrag komme ich noch.

Die grüne Fraktion fordert bereits seit vielen Jahren eine Engagementkarte für die Anerkennung besonderen bürgerschaftlichen Engagements. 2015 haben wir dazu ein Positionspapier eingebracht. Wir haben erst im Mai dieses Jahres einen Antrag eingebracht, der im letzten Monat hier im Plenum diskutiert wurde. Wir möchten gemeinsam mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eine bundesweit gültige Engagementkarte entwickeln, mit der Vergünstigungen im Theater, in den Schwimmbädern, in Museen usw. ermöglicht werden können – ähnlich den Regelungen, die wir bereits beim Rentenausweis oder beim Studierendenausweis haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe den Eindruck, dass Sie bei unserem Antrag ein bisschen abgeschrieben haben, aber nicht auf die Details geachtet haben. Ich weiß, Sie legen nicht besonders viel Wert auf die Bedeutung von Worten.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Deswegen möchte ich Ihnen sagen: Ehrenamt ist nicht gleich bürgerschaftliches Engagement. Was ist denn mit Menschen, die Nachbarschaftshilfe leisten, die an einer spontanen Müllsammelaktion teilnehmen, die für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei Typisierungen vornehmen oder als Bürgerverein Kinderfeste organisieren? Dafür werden die Menschen nicht gewählt oder ernannt – es sind keine Ämter, aber trotzdem wertvolle Tätigkeiten für unsere Gesellschaft und die Umwelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Bahr [SPD])

Auf zwei Punkte in Ihrem Antrag möchte ich gesondert eingehen. Ihre Ehrenamtskarte soll auch für im Ausland lebende Deutsche gelten. Darf ich Sie mal fragen, was da an Leistungen in Anspruch genommen werden soll, wenn der Lebensmittelpunkt gar nicht in Deutschland ist? Was ist das für ein komischer Vorschlag?

Viel gravierender ist aber, dass in Ihrem Antrag steht, dass der Bund die Länder beauftragen soll, Partner für eine Ehrenamtskarte zu finden. Ich empfehle Ihnen: Gucken Sie mal ins Grundgesetz! Die Länder sind durch den Bund nicht weisungsgebunden. Das kann und muss im Austausch passieren. Diktieren kann der Bund hier rein gar nichts. Das nennt man „Föderalismus“. Entsprechend ist Ihr Vorschlag noch nicht mal verfassungskonform.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michel Brandt [DIE LINKE]: Der Blick ins Grundgesetz würde öfter mal helfen! – Gegenruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD]: Das müssen Sie da hinten gerade sagen! Das kann ja wohl nicht wahr sein!)

– Sie können sich gerne weiter unterhalten. Aber der Hinweis, dass Sie öfter mal ins Grundgesetz kucken sollten, war ja völlig richtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulrike Bahr [SPD])

Ich empfehle als Lektüre unseren Antrag zur Engagementoffensive aus dem Mai dieses Jahres. Eine Engagementkarte kann nur ein Bestandteil davon sein. Wir brauchen noch Antworten auf andere Fragen; das ist hier schon angesprochen worden. Wir müssen viele Rechtsfragen klären. Wir brauchen dringend Bürokratieabbau im Bereich des Ehrenamts und des Engagements. Wir brauchen eine gute Anerkennungskultur. Wir brauchen Digitalisierung, um zum Beispiel die Vernetzung von Ehrenämtern sehr viel einfacher zu gestalten, gerade auch vor Ort. Wir brauchen natürlich auch Antwort auf andere Fragen. Wir reden über finanzielle Entlastungen usw. usf. Deswegen sage ich Ihnen: Eine Karte fürs Engagement kann sicherlich helfen, aber Ihr Antrag tut das leider überhaupt nicht.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)