Rede von Misbah Khan Einwanderung
Misbah Khan (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nancy Faeser hat es schon gesagt: In Deutschland sind fast 2 Millionen Stellen offen. Im vergangenen Jahr konnten über 600 000 Stellen nicht mit passend qualifiziertem Personal besetzt werden, und knapp 70 000 Ausbildungsstellen blieben komplett unbesetzt. Der Mangel an Arbeitskräften ist so gravierend, dass er für kleine und mittlere Unternehmen mittlerweile existenzbedrohend ist. Bereits heute ist fehlendes Personal einer der Hauptgründe für Insolvenzen. Es fehlen also Arbeitskräfte, die das Dach decken. Es fehlen Arbeitskräfte, die die Oma pflegen. Es fehlen Arbeitskräfte, die die Computerchips einbauen. Und es fehlen Arbeitskräfte, die die Kinder betreuen. Dass unter diesen Voraussetzungen eine Regierung derart von der Opposition kritisiert wird, weil sie ein Problem lösen möchte, das schon lange hätte gelöst werden sollen, kann ich wirklich nicht verstehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])
Herr Throm, bitte reißen Sie sich an dieser Stelle zusammen, und hören Sie auf, Fakten zu ignorieren!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das ist ja lächerlich!)
Akzeptieren Sie endlich, dass Deutschland als Wirtschaftsstandort auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen ist! 86 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung gehen uns durch fehlende Arbeitskräfte jedes Jahr verloren. Aber zum Glück gibt es die Ampel. Zum Glück gibt es ab heute ein modernes Einwanderungsrecht, das seinen Namen verdient.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das sehen die Menschen halt nicht so! Aber das interessiert Sie nicht, oder?)
Im parlamentarischen Verfahren haben wir uns viel vorgenommen. Wir wollten das Einwanderungsrecht noch weiter öffnen.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das glaube ich sofort!)
Wir wollten die Hürden noch weiter senken, die Bürokratie noch weiter abbauen, Familien noch mehr mitnehmen und neue Zugangswege schaffen.
(Josef Oster [CDU/CSU]: Immer mehr, immer mehr!)
All das haben wir geschafft.
(Beifall der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dank dessen wird Deutschland zukunftsfest sein, und dank dessen werden wir Menschen zum Leben und zum Arbeiten nach Deutschland einladen können.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Union, ja, wir beschließen heute den Einstieg in den Spurwechsel. Und, Frau Lindholz, es ist schade, dass Sie nicht verstanden haben, worum es geht.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ganz schön arrogant, oder?)
Ich erkläre es Ihnen gerne noch mal: Es geht um Menschen, die aktuell im Asylverfahren sind,
(Steffen Janich [AfD]: Ich denke, es geht um Fachkräfte?)
das heißt, die heute schon hier leben. Und wer sich jetzt diesem Spurwechsel verweigert, der trennt zwischen guten Migranten, die aus Brasilien oder Indien kommen, und schlechten Migranten, die aus Syrien oder Afghanistan kommen. Das gibt es für uns nicht. Für uns sind alle Menschen willkommen, und wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, sollen sie hier leben und arbeiten dürfen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Jetzt haben Sie gezeigt, dass Sie es nicht kapiert haben, nicht Frau Lindholz! Das ist ja, wie wenn man einem Ochsen ins Horn kneift! – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Es ist ein bisschen lächerlich, wirklich. Für uns ist es egal, ob die Menschen am Ende mit dem Flugzeug, mit dem Auto, mit dem Zug oder über das Mittelmeer nach Deutschland gekommen sind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Norbert Kleinwächter [AfD]: Werden sie denn arbeiten? Werden sie sich integrieren? Wir haben doch völlig andere Informationen und Fakten!)
Der Spurwechsel und der Zweckwechsel werden kommen. Daran werden auch Sie heute nichts ändern können.
(Zuruf des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])
Es tut mir wirklich leid, dass es Ihnen so weh tut, dass wir den Einwanderungsweg nach Deutschland leicht machen wollen.
(Kay Gottschalk [AfD]: Ich dachte, es ist ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz! Jetzt sprechen Sie es aus: Es ist ein Einwanderungsgesetz!)
Aber ich wünsche Ihnen an der Stelle wirklich viel Spaß in Ihren Wahlkreisen, wenn Sie mit der lokalen Gastronomie, mit den Hotels oder mit den Handwerksbetrieben sprechen; denn die werden sich freuen. Dank uns wird es mehr Personal geben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Je lauter Sie pöbeln, desto mehr ist das der Beweis, dass wir uns endlich von einer restriktiven, migrationsfeindlichen Wirtschaftspolitik verabschiedet haben. Und das freut mich an dieser Stelle wirklich.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie machen gar keine Wirtschaftspolitik! Sie machen Antiwirtschaftspolitik!)
Präsidentin Bärbel Bas:
Nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion Nadine Schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)