Dr. Till Steffen
09.11.2023

Dr. Till Steffen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war jetzt das fünfte Mal in dieser Woche, dass ich erleben durfte, dass Herr Brandner eine Rede gehalten hat, mit der er die demokratischen Institutionen verächtlich gemacht hat.

(Andreas Bleck [AfD]: Sie machen sich selber verächtlich!)

Und das zeigt ja genau das Drehbuch, das Rechtspopulisten überall draufhaben

(Andreas Bleck [AfD]: Dann gehen Sie doch nach Hause, wenn Ihnen das nicht gefällt!)

– jetzt hören Sie doch mal zu! –: dass sie zunächst die demokratischen Institutionen verächtlich machen, um dann einen Umbau der Justiz vorzunehmen.

(Esra Limbacher [SPD]: Richtig!)

Herr Brandner hat das eben sogar angekündigt für den Fall, dass er, also die AfD, Gelegenheit bekommt, Einfluss auf die politischen Entscheidungen in Deutschland zu nehmen. Das ist genau das, was mit solchen Reden vorbereitet wird, die Institutionen des Rechtsstaats verächtlich machen sollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Reden Sie mal zum Thema!)

– Sie haben nicht zum Thema gesprochen, Herr Brandner, und Sie müssen aushalten, dass ich dem, was Sie hier betreiben, entgegentrete.

(Stephan Brandner [AfD]: Immer das Gleiche!)

Worüber wir sprechen, ist eine Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, und ich möchte mich ausdrücklich bedanken, Herr Buschmann, dass Sie diese Initiative ergriffen haben. Ich hatte Ihnen ja im Oktober letzten Jahres geschrieben und gesagt: Es könnte ja vielleicht an der Zeit sein – wir haben uns jetzt alle an das beA gewöhnt –, dass nach dieser Übergangsfrist auch das Bundesverfassungsgericht dem jetzt nähertritt. Sie haben dann geschrieben: „Ja, das könnte man überlegen, aber man muss natürlich behutsam Gespräche führen“, so wie Sie es eben ja auch gesagt und dann auch getan haben, was natürlich genau die richtige Vorgehensweise war.

Damit wird etwas beendet, was tatsächlich vielen Anwältinnen und Anwälten ausgesprochenen Stress verursachte. Denn bei der Verfassungsbeschwerde geht es ja darum, dass man innerhalb einer sehr kurzen Frist hohen Anforderungen genügen muss, was den Schriftsatz, was die Begründung der Verfassungsbeschwerde betrifft. Das muss dann übermittelt werden. Das sind meist umfangreiche Schriftsätze, die am Ende eines langen Verfahrens stehen, bei dem der Rechtsweg ausgeschöpft werden musste, in denen über den Fortgang des Verfahrens also viel zu berichten ist, was natürlich entsprechend dargestellt werden muss. Bis dahin geht alles elektronisch, aber dann muss das tatsächlich auf dem Papierweg erfolgen.

Da gab es ja durchaus besorgniserregende Geschichten. Am Anfang hatte das Gericht nur ein einziges Faxgerät. Es gab zeitweilig die Vorgabe, dass Schriftsätze nur 100 Seiten umfassen durften, wenn sie per Fax übermittelt werden sollten. Mancher setzte sich ins Auto, fuhr quer durch die Republik, um die Abgabe fristgerecht zu schaffen.

(Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)

Das alles gehört künftig der Vergangenheit an, und das ist natürlich auch gut so.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das, was an vielen Gerichten gelungen ist – das war ja auch dort eine Umstellung –, müsste auch beim Bundesverfassungsgericht gehen: dass man elektronisch kommuniziert und dass sich das dann auch im Gericht entsprechend fortsetzt. Insoweit beenden wir den Zustand, dass das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf elektronische Kommunikation ein gallisches Dorf bleibt.

Wir werden uns diesen Entwurf natürlich genau ansehen. Ich begrüße auch außerordentlich die Passagen, die sich mit der Frage beschäftigen, ob wir eine noch bessere Aufarbeitung der Vergangenheit des Gerichtes hinkriegen.

Es gibt noch ein paar andere Fragen, die als Folge von Verfahren in den letzten Monaten aufgekommen sind, beispielsweise: In welchen Situationen ist es denn eigentlich möglich, einen Befangenheitsantrag zu stellen? Wie kann einem Verfahren beigetreten werden?

Wir sollten uns aber natürlich – der Redebeitrag vor mir hat das auch deutlich gemacht – auch Gedanken um Fragen wie die der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts machen. Können wir an dieser Stelle etwas tun?

Insoweit ist es gut, dass wir uns mit diesem Gesetz beschäftigen. Ich freue mich darauf.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)