Rede von Lukas Benner Elementarschadenversicherung

Lukas Benner MdB
30.11.2023

Lukas Benner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brandner, zuerst einmal: Ja, in der Flutnacht wurden Fehler gemacht. Aber weder Frau Dreyer noch Herr Laschet haben irgendwen ersaufen lassen. Das muss man mit aller Klarheit zurückweisen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)

Mit aller Schärfe muss man zurückweisen, wenn Sie hier vorne so einen Unsinn behaupten.

Die Folgen der Klimakrise werden uns teuer zu stehen kommen, sehr teuer sogar: 280 bis 900 Milliarden Euro bis zur Mitte des Jahrhunderts. Es mag abstrakt klingen, aber bei mir in der Heimat – in Aachen, in Stolberg, in Eschweiler –, da sehe ich Tag für Tag, was die Flutkatastrophe für Schäden angerichtet hat, auch zweieinhalb Jahre später noch.

(Stephan Brandner [AfD]: Warum sind die Schäden noch nicht beseitigt, Herr Benner?)

Man sieht Läden, die noch immer geschlossen sind. Man sieht Häuser, in denen der Schimmel Stockwerk für Stockwerk nach oben zieht, und das noch zweieinhalb Jahre später.

(Fabian Jacobi [AfD]: Weil das Steuergeld nach Afrika verteilt wird! – Gegenruf der Abg. Anke Hennig [SPD]: Mein Gott! – Weitere Gegenrufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wer genügend Geld auf der hohen Kante hatte oder vorgesorgt hatte, ist finanziell zumindest halbwegs glimpflich davongekommen. Aber vor allem die Schutzlosen, vor allem die Schwachen in unserer Gesellschaft, vor allem die Anwohner vor Ort haben bis heute massiv unter den Folgen der Katastrophe gelitten.

Wenn wir also über die Frage einer Versicherungspflicht für Elementarschäden sprechen, dann sprechen wir über die menschlichen und die sozialen Kosten der Folgen der Klimakrise. Das Problem ist also groß, aber es wird in Zukunft noch größer; denn Extremwettereignisse – Waldbrände, Hagelstürme, Starkregen –, all das wird zunehmen.

(Joachim Wundrak [AfD]: Das ist doch alles Quatsch!)

Wir müssen daher alles dafür tun, um entsprechende Anpassungen vorzunehmen, um Schäden abzumildern und Kosten solidarisch zu verteilen.

Einzelne Maßnahmen alleine werden dabei nicht ausreichen. Stattdessen brauchen wir Gesamtkonzepte. Dabei muss an erster Stelle immer die Prävention und der Schutz der Menschen stehen. Das umfasst zuallererst natürlich erst mal mehr Klimaschutz und auch Klimaanpassungsmaßnahmen. Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz ist ein ganz entscheidender Hebel. Eine renaturierte Aue, in die Hochwasser abfließen kann, wird uns Menschen immer mehr Schutz bringen als jede Baumaßnahme am Haus oder irgendeine Versicherung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Auch die Baupolitik ist zentral für mehr Prävention, ebenso ein verbessertes Risikomanagement. Wir brauchen eine bessere Katastrophenhilfe; auch das hat die Flutkatastrophe gezeigt. Tausende Menschen haben damals geholfen, sind teilweise noch immer im unermüdlichen Einsatz, den Menschen vor Ort zu helfen, die staatlichen Förderungen zu bekommen. Dafür will ich hier noch einmal ganz klar Danke sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Schließlich aber ist auch eine Versicherungspflicht für Elementarschäden ein wichtiges Puzzlestück. Denn die Flut hat vor unser aller Augen ganze Familien in existenzielle Not gebracht, vor allem jene, die es in der Gesellschaft ohnehin schon schwer haben, und das ist somit zugleich ein Problem von gesellschaftlicher Solidarität. Denn im Notfall – das haben wir alle gesehen – muss in solchen Lagen der Staat einspringen. Der Sonderfonds in Höhe von 30 Milliarden Euro hilft uns vor Ort entschieden, wieder aufzubauen. Aber: Immer nur ad hoc zu helfen, das kann auf Dauer nicht gut gehen. Deswegen brauchen wir Prävention und Absicherung.

Es gibt bessere Wege der solidarischen Ausgestaltung, als wenn immer der Staat eingreift. Nicht umsonst gibt es bei der Versicherungspflicht große Einigkeit, seltene Einigkeit. Von Verbraucherschützern bis in die Versicherungswirtschaft ist man sich einig, dass in Zeiten der Klimakrise eine Versicherungsflicht gegen Elementarschäden erforderlich ist; denn wir dürfen die Menschen im Katastrophenfall nicht alleine lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Sandra Bubendorfer-Licht [FDP])

Eine gut gemachte Versicherungspflicht heißt: Es braucht Risikoprämien, damit sich resilientes Bauen und Vorsorge für die Menschen lohnt. Das heißt aber auch: Wir brauchen gesetzlich gesicherte Sozialverträglichkeit.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sandra Bubendorfer-Licht [FDP])

Lassen Sie uns daran arbeiten; denn Nichthandeln ist die teuerste Option.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Die nächste Rednerin ist Susanne Hennig-Wellsow für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)