Rede von Dr. Ingrid Nestle Energiewirtschaft
Dr. Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bareiß, Sie haben darauf hingewiesen, dass dieses Thema sehr wichtig für die Energiewende ist. Damit haben Sie voll und ganz recht. Das Problem ist bloß, dass die Umsetzung dieser Novelle zeigt, dass Sie die Energiewende einmal mehr nicht ernst genommen haben, sondern diese Chance verpasst haben. Denn genau diese Novelle wäre die Chance gewesen, die wichtigen Systemdienstleistungen, die man für die Energiewende braucht, künftig aus erneuerbaren und anderen nicht fossilen Quellen zu beschaffen. Diese Chance haben Sie leider verpasst.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist ein weiteres Puzzleteil im Bild, wie Sie mit Klimapolitik umgehen. Minister Altmaier hat erst vor Kurzem wieder mit großen Worten mehr Klimaschutz – Stichwort: Klimapakt – verkündet. Was hat er seitdem konkret vorgelegt? Eine EEG-Novelle, die in ihren Ausbauzielen meilenweit hinter dem zurückbleibt, was er mit seinen eigenen Worten eigentlich gefordert hat. Und heute Abend die nächste verpasste Chance: Heute Abend hätten Sie endlich auch die Systemdienstleistungen durch Erneuerbare auf den Weg bringen können, und Sie haben es nicht geschafft.
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Die zuständigen grünen Minister in Hamburg und Hessen haben dieses Gesetzesvorhaben begrüßt!)
Es war Ihre Verantwortung, hier einen sinnvollen Entwurf vorzulegen. Herr Bareiß, Sie waren durchaus ganz ehrlich, als Sie gesagt haben, es ging Ihnen darum, einen kostengünstigen Entwurf hinzubekommen. Ja, aber es ist doch sehr naiv, es ist doch sehr kurzsichtig, zu glauben, kostengünstig ist das, was kurzfristig am kostengünstigsten ist. Bei Ihnen ist das abgeschriebene Kohlekraftwerk kostengünstig, das einfach weiter die Systemdienstleistungen liefert, bis man das Kohlekraftwerk abschalten will. Und dann – oh Wunder – schießen nicht über Nacht die anderen Optionen plötzlich wie Pilze aus dem Boden, sondern man hat dann ein Problem. Das ist nicht kostengünstig, sondern das ist kurzfristig gedacht. Langfristige Kostengünstigkeit ist etwas vollkommen anderes.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und dann spinnt sich das Problem ja noch einen Dreh weiter. Sie selbst haben im Kohleausstiegsgesetz festgelegt, dass es eine Prüfung gibt, bevor ein Kohlekraftwerk abgeschaltet wird, die zeigen soll, ob es die Systemsicherheit gefährdet, dieses Kraftwerk abzuschalten. Ab 2026, wenn die Systemsicherheit an dieser Stelle in Gefahr zu sein scheint, bleiben die Kohlekraftwerke einfach im Markt; sie werden nicht abgeschaltet. Genau dafür legen Sie jetzt den Grundstein; denn jetzt müssten Sie dafür sorgen, dass die Systemsicherheit anders bereitgestellt werden kann. Jetzt hätten Sie die Zeit. Wenn Sie im Jahre 2026 sagen: „Huch, wir haben das nicht gemacht“, dann ist das kein Wunder. Heute und hier hätten Sie die Chance gehabt. Dass Sie diese Chance nicht genutzt haben, ist das Problem.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich muss allerdings auch sagen: Dass die Kollegen von SPD und FDP zwei Drittel ihrer Redezeit über ganz andere Themen geredet haben, zeigt, dass auch bei Ihnen nicht die Leidenschaft da ist, zu erkennen, dass Themen im Zusammenhang mit Systemdienstleistungen wirklich wichtig für die Energiewende sein können und dass man sich darum kümmern muss. Deswegen ist es höchste Zeit, dass hier wieder jemand mitregiert, der tatsächlich diese Leidenschaft für die Umsetzung der Energiewende hat. Denn es geht um Klimaschutz, es geht um die Zukunft unserer Gesellschaft, aber auch unserer Industrie, die auf diese Versorgung angewiesen ist.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])
Vizepräsidentin Petra Pau:
Den Beitrag von Carsten Müller, CDU/CSU-Fraktion, nehmen wir zu Protokoll.
– Ich schließe die Aussprache.