Rede von Dr. Ingrid Nestle Energiewirtschaft

24.06.2022

Dr. Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich drei zentrale Vorhaben wollen wir mit diesem Gesetzentwurf zum Abschluss bringen. Sie sind Teil eines großen Paketes. Hiermit zeigen wir: Ja, wir liefern. Wir brauchen dringend Antworten auf die großen Krisen im Energiebereich. Wir müssen die Klimakrise lösen, und zwar durch eine andere Energiepolitik. Wir müssen aber auch Antworten finden auf die große Krise, die Putin ausgelöst hat, im Hinblick auf Bezahlbarkeit von Energie und Versorgungssicherheit. Dafür brauchen wir vor allem den Ausbau der erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Doch der Ausbau der erneuerbaren Energien kann nicht für sich alleine stehen. Er muss in ein System eingebettet sein, das funktioniert. Der Strommarkt muss dazu passen, aber auch viele andere Dinge. Entsprechende Maßnahmen haben wir mit diesem Gesetzentwurf entscheidend vorangebracht.

Ich nenne Beispiele: Wir brauchen ein belastbares Stromnetz so dringend wie nie zuvor. Wir brauchen es, weil wir mehr Erneuerbare transportieren müssen. Wir brauchen es, weil die Gaskraftwerke nicht mehr die sichere Option sind, wie noch vor Kurzem geglaubt. Wir brauchen belastbare Stromnetze, weil wir aufgrund der Auswirkungen des Angriffskriegs Putins im Ausland nicht mehr so leicht Reservekraftwerke kontrahieren können. Deswegen haben wir eine ganze Reihe von entscheidenden Verbesserungen eingebracht.

Wir werden neue Stromleitungen einsetzen, die wir brauchen. Wir erreichen außerdem eine spürbare Beschleunigung des Ausbaus durch pragmatische Planungskonzepte, Verschlankung der Verfahren, Stärkung des Bündelungsgebots entlang der Bestandstrassen, digitalisierte Beteiligung und vorzeitigen Baubeginn. Wir erzielen auch Verbesserungen in der Systemoptimierung, das heißt, wir können die Bestandsnetze künftig besser ausnutzen; denn wir haben eine Änderung zum Umgang mit der TA „Lärm“ eingebracht. Liebe Übertragungsnetzbetreiber, ihr habt uns immer gesagt, dass ihr das braucht, um das Bestandsnetz besser auszunutzen. Ich rufe Sie dazu auf: Nutzen Sie das jetzt!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wir haben auch die Aufnahme von Wasserstoffleitungen in das Verteilernetz als überragendes öffentliches Interesse in diesem Gesetzentwurf verankert.

Ich bin überzeugt: Wir haben mit diesem einen Gesetz – es wird nicht das letzte sein – mehr Beschleunigung in den Ausbau der erneuerbaren Energien gebracht als die letzte Regierung mit, ich glaube, drei oder vier Planungsbeschleunigungsgesetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber es geht nicht nur um den Netzausbau. Es geht auch darum, konkrete bürokratische Hindernisse abzubauen. So gab es Probleme mit der Zertifizierung von PV-Anlagen; viele von Ihnen sind bestimmt schon darauf gestoßen. Fertige Anlagen konnten nicht ans Netz genommen werden; das wurde zum Beispiel am 11. Mai im „Handelsblatt“ ausführlich beschrieben. Jetzt, nur einen guten Monat später, legen wir den fertig formulierten Vorschlag, der dieses Problem lösen wird, als Gesetzentwurf auf den Tisch. Das ist schneller Bürokratieabbau.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Auch beim Ausbau der Smart Meter geht es voran durch eine klare Zuordnung der Festlegungskompetenz bezüglich der energiewirtschaftlich relevanten Mess- und Steuerungsvorgänge. Durch das neue Konzept „Nutzen statt Abschalten“ kann der sonst vor einem Netzengpass abgeregelte Strom endlich leichter genutzt werden, nicht nur bei der KWK, sondern auch in anderen Wärmeprozessen. Und ja, wir richten auch die Netzplanung für Strom und Gas künftig an der Klimaneutralität aus, damit die verschiedenen Systeme ineinandergreifen und zusammenpassen.

Dieser Gesetzentwurf beinhaltet aber nicht nur für die Energiewende, sondern auch für den Verbraucherschutz Maßnahmen. Wir schaffen mehr Klarheit und stärken die Kundenrechte. Unrechtmäßige Kündigungen von Stromlieferverträgen, wie wir es dieses Jahr gesehen haben, werden so künftig nicht mehr möglich sein. Und das ist gut so.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir lösen ein weiteres Problem beim Verbraucherschutz, und zwar an den Tankstellen. Künftig stehen den Kartellbehörden umfangreichere Daten zur Verfügung, um Missbrauch festzustellen, wenn die Erdölpreise an den internationalen Märkten fallen oder ein Tankrabatt eingeführt wird und das bei den Kunden an den Tankstellen nicht ankommt. Auch da wird die Handlungskompetenz gestärkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Nina Scheer [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wird nicht der letzte Gesetzentwurf in diesem Bereich bleiben. Wir haben zahlreiche Verbesserungen eingebracht. Jetzt ist nicht die Zeit, sich in die Schützengräben zu legen und auf Kosten inhaltlich guter Lösungen politisch punkten zu wollen. Die Lage ist ernst. Deshalb werbe ich sehr um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und darum, dass wir die Beratung zu weiteren Gesetzen in dieser Verantwortung führen.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt Fabian Gramling das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)