Rede von Oliver Krischer Energiewirtschaft, Bürgerenergie retten

30.11.2018

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Beutin, ich finde vieles von dem, was Sie gesagt haben, richtig und kann dem auch zustimmen, aber ich frage mich, warum Ihre rot-rote Landesregierung in Brandenburg Hand in Hand mit der schwarz-gelben in Nordrhein-Westfalen im Bundesrat Anträge einbringt, die den kompletten Windenergieausbau in Deutschland kaputtmachen wollen.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Aber in NRW den Hambacher Forst abholzen wollen!)

Sie müssen mal mit Ihren Genossen in Brandenburg reden. Dann wäre hier vieles authentischer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Worum es hier aber wirklich geht, ist: Wir haben in ein paar Tagen eine Weltklimakonferenz, und es wäre so wichtig für die Welt, wenn aus Deutschland, wo wir zehn Jahre klimapolitischen Stillstand hatten, endlich mal wieder ein Signal käme. Die Entscheidung, den Kohleausstieg noch vorher hinzubekommen, haben Sie schon versemmelt. Jetzt hätten Sie die Chance, ein Ausbaugesetz für die Erneuerbaren vorzulegen, das endlich in die Richtung der Klimaziele gehen würde.

Aber das machen Sie nicht. Sie legen einen Gesetzentwurf vor, bei dem heute schon klar ist, dass Sie die Ziele 2030 verfehlen werden. Denn das, was Sie heute hier beschließen, ist die Basis für das, was in den nächsten Jahren stattfindet; und das ist viel zu wenig. Sie werden damit alle Ihre Ziele krachend verfehlen; und das ist ein Skandal, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Kollege Krischer, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung von Herrn Lenkert aus der Fraktion Die Linke?

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Gerne.

Ralph Lenkert (DIE LINKE):

Herr Kollege Krischer, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass das Land Brandenburg unter Rot-Rot den besten Ausbau an erneuerbaren Energien in der Bundesrepublik hingelegt hat – abgesehen von Schleswig-Holstein – und da Vorreiter war. Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass die großen Erfolge, die man dort in der Solarbranche hatte, durch die EEG-Novelle im Jahr 2011 abgewürgt wurden, wodurch sehr viele Chancen zerstört worden sind, und dass der Windkraftausbau trotzdem massiv voranschreitet, also an den Alternativen sehr vorbildlich gearbeitet wird.

Wenn Sie auf andere zeigen, denken Sie bitte auch daran, was die Grünen in der Landesregierung in NRW mitbeschlossen haben.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Kollege, das hat aber alles nichts mit dem zu tun, was ich gesagt habe. Denn Brandenburg bringt einen Antrag in den Bundesrat ein, der die Privilegierung der Windenergie streichen will,

(Zuruf von der AfD: Richtig! – Beifall des Abg. Jens Koeppen [CDU/CSU])

interessanterweise genauso wie Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen.

Wenn das, was Ihre Partei in Brandenburg vertritt, Gesetz wird, dann bauen wir in Deutschland keine einzige Windenergieanlage mehr.

(Karsten Hilse [AfD]: Das wäre gut! Das wäre super!)

Das ist das Problem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssen sich auch fragen lassen, wie es sein kann, dass eine Landesregierung, an der Sie beteiligt sind, so etwas macht. Das passt nicht zu dem, was Sie hier sagen. Um das noch einmal klar zu sagen, habe ich an der Stelle darauf hingewiesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was passiert hier jetzt? Sie legen heute die Grundlage dafür, dass wir beim Klimaschutz nicht nur das 2020-Ziel, sondern auch das Klimaschutzziel 2030 verfehlen, weil Windenergieanlagen heute einen Planungsvorlauf von fünf bis sieben Jahren haben. Wir werden sogar Anfang der 20er-Jahre möglicherweise einen Abbau von erneuerbaren Energien bekommen, weil die alten Anlagen aus der EEG-Förderung rausfallen,

(Zuruf von der AfD)

Sie aber gleichzeitig den 52-GW-Deckel nicht aufgeben. Was ist das für eine Energiewendepolitik, die am Ende dazu führt, dass der ehemalige Vorreiter in den 20er-Jahren weniger hat als heute? Das können Sie draußen in der Welt niemandem mehr erklären.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Und ehrlich gesagt: Sie wissen selbst, dass Sie die Ziele verfehlen werden. Sie haben das eigene Ziel aus dem Koalitionsvertrag, 65 Prozent Erneuerbare, schon gar nicht mehr ins Gesetz geschrieben. Damit dokumentieren Sie ja schon, dass Sie überhaupt nicht daran glauben, dass Sie das erreichen werden. Und ehrlich gesagt: Sie reden immer von Planungssicherheit, aber Sie haben im Gesetz ein anderes Ziel als im Koalitionsvertrag. Wie kann das sein? Das hat doch nichts mit Planungssicherheit zu tun. Das ist Planungsverunsicherung. Das verstört Investoren. Das behindert die Wirtschaft; und das wollen wir nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann will ich auch noch eines sagen: Das Ganze vernichtet Arbeitsplätze. Das, was Sie heute und hier beschließen, vernichtet mehr Arbeitsplätze in der erneuerbaren Energienbranche als die Braunkohle überhaupt hat, und das muss hier mal in aller Klarheit ausgesprochen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zerstört die Wirtschaft. Das zerstört die wirtschaftliche Basis unseres Landes.

Anstelle dessen bräuchten wir eigentlich erstens einen klaren Beschluss zum Kohleausstieg. Wir bräuchten zweitens eine CO 2 -Bepreisung; und wir bräuchten drittens einen Strommarkt, bei dem die erneuerbaren Energien faire Bedingungen am Markt bekommen,

(Karsten Hilse [AfD]: Ganz genau, immer mehr Kohle rauspressen aus dem Kumpel! Ohne Förderung funktioniert das nicht!)

zum Beispiel beim Mieterstrom. Es ist ein bürokratisches Monster, was Sie da gemacht haben. – All das legen Sie nicht vor. Und ich habe leider nicht die Hoffnung, –

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Kommen Sie bitte zum Ende.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– letzter Satz –, dass diese Bundesregierung jemals in der Lage sein wird, die Herausforderungen der Energiewende und des Klimaschutzes zu bewältigen. Sie schaffen es ja nicht einmal, einen Staatssekretär zu finden, der für dieses Thema zuständig ist; und das macht mehr als alles andere symbolisch deutlich, welchen Stellenwert das bei Ihnen hat.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)