Rede von Dr. Anna Christmann Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz"

28.06.2018

Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass wir diese Enquete-Kommission heute hier einsetzen. Als Grüne werden wir dem Antrag auch zustimmen, weil er nach guten fraktionsübergreifenden Gesprächen einen wirklich umfassenden Auftrag erteilt.

Wenn wir uns mit den Konsequenzen von KI befassen, dann müssen wir die wirtschaftlichen, aber auch die sozialen und die ökologischen Chancen und Risiken in den Blick nehmen. So ist es im Auftrag nun hinterlegt, und das ist richtig so.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. René Röspel [SPD])

Das Gleiche gilt für die europäische Einbettung. Wir wollen, dass KI auf Grundlage europäischer Werte in Europa erforscht und entwickelt wird; das kam heute schon zur Sprache. Ich freue mich über die Einigkeit bei diesen Zielen. Wir dürfen nicht blind mit China und den USA konkurrieren, sondern müssen einen europäischen Weg entwickeln, der Grund- und Freiheitsrechte und gesellschaftliche Gerechtigkeitsfragen stets mit im Blick behält.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei all der Einigkeit, die wir darüber haben, dass wir diese Enquete-Kommission einsetzen, möchte ich aber einen Punkt anmerken, bei dem wir uns als Grüne mehr Mut gewünscht hätten. Das ist das Thema „Beteiligung und Öffentlichkeit“. Sie, Frau Schön, haben angesprochen, dass Sie sich eine gesellschaftliche Debatte wünschen. Das tun wir auch, das halten wir sogar für essenziell. Wenn der Mensch bei KI im Mittelpunkt stehen soll, dann muss der Mensch aber auch informiert und einbezogen werden. Daher ist es doch falsch, die Enquete-Kommission hinter verschlossenen Türen tagen zu lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Es vergeht kein Tag, an dem nicht wilde Spekulationen in der Zeitung darüber zu lesen sind, was KI alles bewirken könnte. Die Menschen wissen oft eben nicht genau, was sie eigentlich von dieser Technologie zu erwarten haben.

(Martin Hebner [AfD]: Sie auch nicht!)

Das Vertrauen der Menschen in neue Technologien ist aus unserer Sicht Voraussetzung für ihre Akzeptanz und damit ihren Einsatz. Das erreichen wir sicher nur, wenn wir eine gesamtgesellschaftliche Debatte führen.

(Beifall der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Das erwarten übrigens nicht nur wir, sondern zum Beispiel auch die Wirtschaft. Der Bundesverband KI hat diese Woche einen Neun-Punkte-Plan herausgebracht, der benennt, was er von einer deutschen KI-Strategie erwartet. Aufklärung und gesellschaftliche Debatte sind zu Recht Teil dieser Strategie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grünen freuen uns also, bei dieser Enquete-Kommission dabei zu sein, und werden uns selber zur Aufgabe machen, die öffentliche Debatte über diese Enquete-Kommission sehr intensiv mit zu führen. Wir würden uns freuen, wenn wir die vertane Chance, Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger schon im Auftrag mitzuformulieren, in der konkreten Arbeit wettmachen und dafür sorgen, dass wir die Menschen, sei es über Onlinebeteiligung oder Dialogforen, einbeziehen.

Neben unserer Freude über die Enquete-Kommission würden wir uns natürlich freuen, wenn nebenbei auch die Arbeit weitergeht; denn die Enquete-Kommission darf kein Feigenblatt dafür sein, all die Aktionen, die angekündigt sind, auf die lange Bank zu schieben. Für das Zentrum zur KI gemeinsam mit Frankreich habe ich bisher noch kein Konzept und noch kein Budget gesehen. Ich würde mich freuen, wenn die Regierung trotz der laufenden Enquete-Kommission endlich einmal loslegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])