Rede von Agnieszka Brugger Entwicklungspolitischer Bericht

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17.02.2022

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Sie haben völlig recht: Bei dem, was in diesem Bericht beschrieben wird, muss sich einiges ändern, muss einiges besser werden. Aber in der Tat, Herr Kollege Kippels, es gibt durchaus einige Lichtblicke. Einen haben Sie erwähnt: das Lieferkettengesetz. Aber wenn ich mich recht entsinne, ist dieses über Jahre hinweg gerade aus dem Kanzleramt, aus dem Wirtschaftsministerium blockiert worden, weil es nicht unbedingt das Herzensprojekt der CDU/CSU war. Viele in diesem Haus haben – auch zusammen mit der Zivilgesellschaft, mit den Kirchen und mit Unternehmen – große Widerstände überwunden, dass es endlich kommt. Der nächste wichtige Schritt ist, dieses Lieferkettengesetz zu europäisieren, ihm dadurch mehr Wirkkraft zu verleihen und dafür zu sorgen, dass Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzung kein Geschäftsmodell der Zukunft mehr sein können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Herr Kollege Kippels, Sie haben recht: Es ist sicherlich ebenfalls ein Lichtblick, dass das Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, nach 50 Jahren endlich erreicht worden ist. Aber auch hier lohnt es sich, einmal genauer hinzuschauen. Denn wenn wir uns anschauen, was die alte Bundesregierung mit ihrer mittelfristigen Finanzplanung vorgelegt hat, sehen wir eine fallende Linie. Es geht nicht darum, die 0,7 Prozent zu sichern, solange Herr Müller im Amt ist, sondern in einer Welt, in der die Krisen zunehmen, in der es eine Pandemie gibt, in der es eine Klimakrise gibt, in der Armut, Hunger und Krieg wieder zunehmen, braucht es ein Mehr an internationaler Gerechtigkeit, ein Mehr an Solidarität. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag verankert, dass wir mindestens diese 0,7 Prozent in Zukunft garantieren wollen und dass wir auch bei der Klimafinanzierung drauflegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man diesen mehrere Hundert Seiten langen Bericht durchliest, dann gewinnt man folgenden Eindruck – den hatte ich auch in den vergangenen Jahren hier in unseren Debatten –: Da war immer ein Minister, der schöne Bücher geschrieben hat, tolle Termine in anderen Ländern, in den Wahlkreisen gemacht hat, flammende Appelle hier gehalten hat, und eine Bundesregierung mit sehr vielen Ressorts, die sich nicht so sehr um die Fragen von globaler Gerechtigkeit und internationaler Solidarität gekümmert haben. Der nächste Bericht dieser neuen Bundesregierung muss ein Bericht der gesamten Bundesregierung werden; denn in einer hochvernetzten Welt hat alles, was wir tun, und auch alles, was wir nicht tun, immer wieder auch Auswirkungen auf anderen Kontinenten der Welt. Deshalb ist globale Gerechtigkeit, sind die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 nicht die Aufgabe eines Ressorts, sondern Leitmotiv für die ganze Bundesregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Da bin ich bei dem, was sich ändern muss. Wir müssen mehr für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit tun. Wir sehen doch, dass es die Industriestaaten sind, die den Großteil der Emissionen verursachen, und dass es die Menschen im Globalen Süden sind, die am meisten unter den Klimaschäden leiden. Wir müssen mehr tun, indem wir bei uns unsere Emissionen reduzieren. Daran arbeiten in dieser Bundesregierung viele Häuser gemeinsam zusammen und nicht mehr gegeneinander. Wir müssen aber auch mit Entwicklungs- und Klimapartnerschaften gemeinsam Gewinn für alle generieren und natürlich auch mehr im Bereich „Loss and Damage“ tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Bärbel Bas:

Frau Brugger, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein.

Präsidentin Bärbel Bas:

Nein.

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Auch globale Gesundheit müssen wir stärken. Da danke ich wirklich der Zivilgesellschaft, die einerseits natürlich immer wieder anerkennt, dass Deutschland hier schon viel tut, aber andererseits auch sehr deutlich macht, dass wir mehr tun müssen für die globale Impfgerechtigkeit. Frau Ministerin, wir freuen uns natürlich sehr, dass Sie hier so prominent eines unserer Herzensanliegen, das sich ja auch sehr prominent im Koalitionsvertrag wiederfindet, angesprochen haben: eine feministische Perspektive in der Entwicklungszusammenarbeit. Das ist genau der Gedanke, der dahintersteht: eine Politik für Entwicklung, für Nachhaltigkeit, von der am Ende alle profitieren, die gesamte Gesellschaft, bei der wir aber auch im Blick haben, dass es gerade Frauen, Mädchen und marginalisierte Gruppen sind, die von den Krisen anders, oft auch stärker, betroffen sind. Das sehen wir auch in der Pandemie. Es sind die Frauen, die sehr stark im Gesundheitssektor vertreten sind, es sind die Mädchen, die vielleicht nicht wieder zur Schule gehen können, nachdem der Schulbetrieb ausgesetzt worden ist. Deshalb freuen wir uns auf das Kapitel zur feministischen Entwicklungspolitik im neuen Bericht der Bundesregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir auch für diesen neuen Bericht, dass es kein Bericht wird, in dem sich eine Bundesregierung selber auf die Schultern klopft, sondern dass es ein Bericht wird, der eine klare Analyse enthält, in dem auch eine ehrliche Evaluation dessen vorgenommen wird, was wir vielleicht nicht erreicht haben, warum wir es nicht erreicht haben und was besser werden muss, in dem eine Strategie für die Zukunft festgeschrieben wird. Ich wünsche mir, dass es ein Bericht wird, der klarmacht: Das Handeln der ganzen Bundesregierung fühlt sich der globalen Gerechtigkeit, den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und der internationalen Solidarität verpflichtet.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Dietmar Friedhoff.

(Beifall bei der AfD)