Rede von Ottmar von Holtz Entwicklungszusammenarbeit - Berufliche Bildung

Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

24.03.2021

Ottmar von Holtz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bildung ist natürlich ein Schlüsselfaktor für den erfolgreichen Lebensweg eines jeden Menschen. Darin besteht ja Einigkeit. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, was Sie hier – trotz aller guten Reden, Kollege Christoph Matschie – vorlegen, ist ein Antrag, in dem Sie eine Schwerpunktsetzung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit fordern.

Drei Monate vor Ende der Sitzungszeit dieses Parlaments beginnen Sie also, über Schwerpunkte in der Entwicklungszusammenarbeit nachzudenken. Oder: Mehr als ein Jahr, nachdem Ihr Entwicklungsminister mit „BMZ 2030“ einen Plan vorgelegt hat, wie sein Haus die EZ künftig gestalten will, kommen Sie mit Schwerpunkten. Worüber wir am Ende abstimmen werden, ist nicht Ihre Rede, sondern ist der Antrag, den Sie vorgelegt haben, und das ist, ehrlich gesagt, kein Antrag zur Gestaltung. Wenn man sich ihn anguckt, stellt man fest: Das ist von Anfang bis Ende ein Loblied auf die tolle Arbeit Ihrer Regierung: 16 Punkte, mit denen der Bundestag begrüßen soll, was die Bundesregierung alles so Tolles macht. Und da glauben Sie doch nicht im Ernst, dass wir dem folgen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der Forderungskatalog ist dann auch entsprechend kürzer ausgefallen, darunter dann viele Punkte, die nur lauten: Dies und das soll die Regierung weiter oder noch stärker fördern. – Würden wir solche Anträge vorlegen, würden Sie sofort sagen: Macht die Regierung doch alles, lehnen wir ab.

Und dann entdecke ich Forderungen wie diese: Die Bundesregierung wird aufgefordert – und ich zitiere –, „Ausbildungsprogramme mit einer Ausbildungskomponente in Deutschland nur mit Ländern zu vereinbaren, die bereits in anderen Bereichen der Migrationspolitik umfassend mit Bund und Ländern kooperieren“. – Also, deutlicher kann man nicht dokumentieren, dass es euch in der Entwicklungspolitik vorrangig um Migrationskontrolle geht, und das ist für uns inakzeptabel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Auch hinsichtlich der Vorstellung, berufliche Bildung zum EZ-Schwerpunkt zu machen, habe ich wirklich große Zweifel. Zwei Punkte dazu: Erstens. Ohne gute Grundbildung kommt es gar nicht erst zu einer beruflichen Ausbildung. Die Grundbildung ist die Basis von allem, nicht die berufliche Bildung. Wenn überhaupt, dann kann die Schwerpunktsetzung nur dort liegen. Insofern hat der Antrag der FDP genau den richtigen Akzent.

Und noch mal – bei aller Rede –: Im Titel steht: berufliche Bildung zum Schwerpunkt machen. Das ist das, was Sie fordern. Deutschland ist aber bei Weitem nicht der einzige Anbieter, der einzige Akteur. Das ist das Problem dessen, der sich auf berufliche Bildung konzentrieren will, und das ist zum Nachteil der Grundbildung. Die EU will ihren Fokus ändern. Auch über die G 7 wird die berufliche Bildung gepusht. Grundbildung hat es einfach momentan in der Entwicklungszusammenarbeit richtig schwer. Dabei ist sie die Grundlage für weitere berufliche Bildung und elementar wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Wir haben nie gesagt, dass wir keine Grundbildung wollen!)

Zweitens. Wer zwar eine Berufsausbildung hat, aber in seinem Beruf keinen Job findet, hat davon nichts. Die Schwerpunktsetzung in der Entwicklungszusammenarbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann doch nur darin liegen, dass wir endlich kohärent werden mit all unseren Programmen. Darin müsste der Schwerpunkt liegen, und zwar europaweit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn wir unsere einseitige Handelspolitik zulasten der afrikanischen Märkte weiter betreiben, dann nutzen Berufsbildungsprogramme nichts. Das muss alles Hand in Hand gehen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege.

Ottmar von Holtz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Oder: Wenn wir nicht über Programme und Konditionen auf mehr Rechtsstaatlichkeit in den Partnerländern drängen, damit diejenigen, die eine Berufsausbildung bekommen haben, auch ihren Job ausüben können und nicht wegen Diskriminierung daran gehindert werden, dann haben wir auch nichts von Berufsbildungsprogrammen, usw. usw.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ottmar von Holtz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Die Liste fehlender Kohärenzen ist sehr lang, Herr Präsident; aber ich kann es auch kürzer machen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Das müssen Sie jetzt sogar; sonst entziehe ich Ihnen das Wort.

Ottmar von Holtz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herzlichen Dank, Herr Kollege von Holtz. – Vorletzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Stefan Sauer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)