Rede von Katja Keul Epidemischen Lage von nationaler Tragweite

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06.05.2021

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD beantragt mal wieder, der Bundestag möge begrüßen, dass ausreichend Abgeordnete mit Ihnen zusammen einen Normenkontrollantrag nach Karlsruhe schicken. „Ausreichend“ hieße konkret: 25 Prozent der Mitglieder des Deutschen Bundestages.

(Stephan Brandner [AfD]: Das haben Sie schon mal verstanden! Immerhin!)

Das muss ein großer Traum der AfD sein, einer, der einfach nicht in Erfüllung geht, auch wenn Sie das hier noch so oft beantragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Nina Scheer [SPD])

Wir Grüne haben solche Klagen in der Vergangenheit durchaus schon auf den Weg gebracht und sogar gewonnen. Wenn Sie aber die Stimmen nicht zusammenkriegen, dann sollten Sie das vielleicht nicht jedes Mal auch noch mit einem Antrag dokumentieren. Aber bitte, Ihre Entscheidung.

Alle anderen jenseits der AfD machen sich zurzeit eher Gedanken darüber, wie man dieses Land halbwegs sicher durch die dritte Welle und aus der Pandemie bringt,

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

welche Maßnahmen geeignet, notwendig und verhältnismäßig sind, um Leben und Gesundheit zu schützen und gleichzeitig den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu wahren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei ringen wir alle um den besten Weg und kommen auch nicht immer zum selben Ergebnis. Aber was uns alle eint, mit Ausnahme der AfD, sind die Sorge und die Ernsthaftigkeit unseres Ringens.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

§ 28b Infektionsschutzgesetz hat erhebliche Schwachstellen, wenn es um die Geeignetheit einiger Maßnahmen geht. Eine Ausgangssperre, wenn es doch draußen sicherer ist als drinnen, die fehlende Ausnahme für die Geimpften im Gesetz und der mangelnde Schutz in der Arbeitswelt haben auch uns Grüne dazu bewogen, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Wir werden ja sehen, was das Verfassungsgericht dazu am Ende entscheidet. Aufgrund der zahlreichen Verfassungsbeschwerden ist Ihre Normenkontrollklage sowieso überflüssig.

Die Verkürzung des Rechtswegs hat an dieser Stelle den Vorteil, dass wir schneller eine einheitliche Rechtsprechung haben werden. Den Weg über ein Bundesgesetz halte ich außerdem nicht nur für richtig; meine Fraktion hat das bereits seit letztem Herbst gefordert.

(Stephan Brandner [AfD]: Und deshalb sich enthalten dann, nicht?)

Der Infektionsschutz fällt eindeutig in die Bundesgesetzgebungskompetenz.

(Weiterer Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

– Ja, hören Sie zu! – Die alte Verordnungsermächtigung für die Landesregierungen war für lokale Ereignisse gedacht. Dass sich der Bund in einer epidemischen Lage nationaler Tragweite nicht darauf zurückziehen kann, die Landesregierungen zu koordinieren, dürfte seit dem gescheiterten Oster-Lockdown auch dem Letzten hier bewusst geworden sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit angeblichen Notstandsgesetzen oder einem verfassungsrechtlichen Ausnahmezustand hat das nichts zu tun.

(Stephan Brandner [AfD]: Hat Herr Brinkhaus gesagt!)

Eine nationale Tragweite erfordert eben auch eine nationale Gesetzgebung – so einfach ist das.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So viel „national“ müsste Ihnen auf der rechten Seite doch eigentlich gefallen. Und wenn Ihnen so viel daran liegt, die verfassungsrechtlichen Mängel des § 28b aus dem Weg zu räumen, dann werden Sie ja sicher der Verordnung für die Gleichstellung der Geimpften diese Woche zustimmen, nicht wahr?

Zum Schluss sage ich Ihnen, was der Bundestag wirklich begrüßt. Der Bundestag begrüßt, dass Sie keine 25 Prozent haben und dass Sie die auch niemals haben werden.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und der Abg. Sandra Bubendorfer-Licht [FDP] und Niema Movassat [DIE LINKE])

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Keul. – Nächster Redner ist der Kollege Carsten Müller, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)