Rede von Stefan Schmidt Erbschaftsteuer

Foto von Stefan Schmidt MdB
22.06.2023

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei manchen Debatten kann ich nur den Kopf schütteln,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Bei Herrn Klüssendorf!)

so wie heute über die inhaltlich sehr dünnen Anträge von AfD und Linken mit teilweise recht fragwürdiger Argumentation.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie haben es nur nicht verstanden!)

Trotzdem gebe ich der Linken zumindest in einem Punkt recht: Die höchsten Vermögen haben den geringsten Steuersatz. Das Problem bei der Erbschaftsteuer ist der Umgang mit den sehr hohen Vermögen. Das ist nicht gerecht, und das ist auch nicht Sinn der Steuer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums hingegen wird so getan, als wäre die Erbschaftsteuer eine reale Gefahr für das hart erarbeitete Häuschen der Oma. Ich zitiere: „Uns droht der Ausverkauf unserer Heimat.“ Nein, das hat nicht jemand von der AfD gesagt, auch wenn die AfD in ihrem Antrag ähnlich argumentiert. Das sagt der bayerische CSU-Finanzminister Albert Füracker. Ich zitiere weiter: „Jeder muss das Elternhaus erben können, ohne dass die Erbschaftsteuer ihn zum Verkauf zwingt.“

(Patrick Schnieder [CDU/CSU] und Stephan Brandner [AfD]: Recht hat er!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, nennen Sie mir bitte nur einen einzigen Fall, in dem jemand zum Verkauf gezwungen wurde!

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Kann ich machen! – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Können wir machen!)

Das sind blanke Lügen. Das ist Populismus pur und nichts anderes als AfD-Rhetorik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Dann muss sie gut sein! – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit, Herr Schmidt! Eine persönliche Unverschämtheit!)

Fakt ist: In Deutschland erben nur etwa 35 Prozent der Menschen. Von diesen 35 Prozent zahlen viele überhaupt keine Erbschaftsteuer. Grund dafür sind Ausnahmen und hohe Freibeträge. Muss doch Steuer gezahlt werden, gibt es großzügige Stundungsregeln. „Zum Notverkauf zwingt die Erbschaftsteuer nicht“ – das ist die Schlussfolgerung des Steuerrechtsprofessors Heribert Anzinger. Dazu kennt er keine empirischen Studien. CSU und Freie Wähler in Bayern sehen und zeichnen populistische Hirngespinste.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Wie aber kann eine vernünftig reformierte Erbschaftsteuer aussehen? Die Linke will Unternehmensvergünstigungen streichen. Die CSU will die Freibeträge erhöhen, die Steuer senken und regionalisieren, Herr Brehm will ganz auf die Steuer verzichten.

(Christian Görke [DIE LINKE]: Was wollt ihr?)

– Darauf komme ich gleich. – Politische Mehrheiten gibt es für keinen dieser Vorschläge. Die Linke scheitert daran, dass sie kein Konzept hat.

(Zuruf des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Die CSU scheitert daran, dass kein anderes Land mitmacht. Und deshalb gibt Söder in Bayern den Prozesshansel und klagt vor dem Bundesverfassungsgericht. So ein billiges Wahlkampfmanöver ist zum Scheitern verurteilt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])

Lassen Sie uns endlich wieder sachlich und konstruktiv über eine notwendige Reform der Erbschaftsteuer sprechen, zum Beispiel über die gelungenen rot-grünen Reformvorschläge aus Hamburg oder auch über Freibeträge für Angehörige in Patchworkfamilien.

(Beifall der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das wäre eine sinnvolle und auch eine gerechte Reform.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Christian Görke [DIE LINKE]: Sie wissen schon, dass Sie regieren? – Gegenruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na klar! – Gegenruf des Abg. Christian Görke [DIE LINKE]: Dann los! – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Boah, ist das Niveau gesunken!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Michael Schrodi für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])