Rede von Oliver Krischer EU-Emissionshandel
Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Inzwischen kommt die FDP ja im Wochenrhythmus hier um die Ecke, um den Emissionshandel als Klimawunderinstrument anzupreisen. Das kann man machen. Das kann man vertreten. Das ist eine Position.
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Ärgert Sie das?)
Aber dann würde es zur Ehrlichkeit auch mal dazugehören, dass Sie denjenigen danken, die den Emissionshandel gegen den erbitterten Widerstand Ihrer Partei und der Union 2005 hier eingeführt haben: Das waren Jürgen Trittin und die rot-grüne Bundesregierung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich frage mich: Worüber würden Sie heute eigentlich reden, wenn die Kollegen damals nicht die Weitsicht besessen hätten, das gegen Ihren Widerstand einzuführen?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Florian Toncar [FDP]: Und warum wollen Sie ihn dann heute nicht mehr?)
Das zeigt, dass Sie die ganze Zeit eigentlich nur herumirrlichtern.
Der Emissionshandel ist ein Instrument des Klimaschutzes. Er kann, je nachdem, wie man ihn ausgestaltet, sinnvoll sein. Das ist aber eben nur ein Instrument.
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Wir haben nichts anderes gesagt!)
Sie wollen, dass wir alle anderen Instrumente, die wir haben, abschaffen und alles über den Emissionshandel regeln.
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Quatsch!)
– Doch. Das genau sagt Ihr Antrag. – Wer so eine Position vertritt, der will in Wahrheit gar keinen Klimaschutz. Und das ist nämlich die Position der FDP. Sie haben nur nicht den Mut, das an der Stelle zu sagen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Man könnte jetzt viele Wissenschaftler zitieren, die Ihnen ins Stammbuch schreiben, dass das, was Sie an der Stelle vertreten, Quatsch ist.
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Wen denn? – Dr. Florian Toncar [FDP]: Professor Krischer!)
Es gibt viel authentischere Positionen: Es gibt da einen Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen, der heißt Andreas Pinkwart.
(Klaus Mindrup [SPD]: Ja!)
Der feiert sich in Nordrhein-Westfalen für den Kohleausstieg; der stimmt im Bundesrat dem CO-Preis zu; der vertritt das exakte Gegenteil von dem, was Sie hier sagen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Florian Toncar [FDP]: Das würde er bestreiten!)
Das zeigt einfach: Sie leben nicht in der Realität; Sie leben in einer virtuellen neoliberalen Welt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Nein!)
Ich möchte an dieser Stelle über die reale Welt reden, und das ist das, was wir gestern zum Kohleausstieg auf den Tisch gelegt bekommen haben. Ich wundere mich ehrlich gesagt darüber, wie eine Bundesregierung mit dem Votum der Zivilgesellschaft, mit dem Votum der Kohlekommission umgeht. 28 Vertreter haben miteinander gerungen, um ein Ergebnis hinzubekommen. Und das wird jetzt in weiten Teilen infrage gestellt. Ich sage: Es geht nicht, dass man die Abschaltreihenfolge in der Weise verändert, dass das weiter nach hinten verschoben wird. Ich sage: Es geht nicht, dass es eine Bestandsgarantie für den Tagebau Garzweiler rechtlicher Art geben soll, dass das bundesgesetzlich gemacht wird. Und ich sage: Es ist ein absoluter Skandal, dass Sie zu Beginn des Kohleausstiegs mit Datteln 4 erst mal ein Kohlekraftwerk in Betrieb nehmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, damit stellen Sie den Kompromiss infrage. Sie gießen Öl ins Feuer. Sie schaffen es damit nicht, einen gesellschaftlichen Konflikt zu lösen.
(Timon Gremmels [SPD]: Da waren drei grüne Landesregierungen gestern mit dabei! Ihr regiert doch in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit!)
Ich hoffe, dass Sie sich, wenn Sie das hier vorlegen, besinnen und auf das Kommissionsergebnis zurückgehen, damit wir hier eine gemeinsame Linie für den Kohleausstieg finden können. Meine Fraktion ist bereit dazu. Aber das, was Sie gestern auf den Tisch gelegt haben, geht in die falsche Richtung. Das muss völlig klar sein.
Ich danke Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Timon Gremmels [SPD]: Ihr regiert doch auch in drei Bundesländern mit! – Zuruf des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU])
Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:
Nächster Redner ist der Kollege Karsten Möring, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)