Rede von Agnieszka Brugger EU-Haushalt 2021-2027

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02.07.2020

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in dieser Woche das vierte Mal, dass wir hier im Deutschen Bundestag über die Europäische Union debattieren – völlig zu Recht in der Woche, in der die deutsche Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union beginnt. In den Debatten zuvor waren sich alle demokratischen Fraktionen einig: Die Europäische Union muss solidarischer, souveräner und krisenfester werden. Dieses richtige Ziel gibt es aber nicht zum Nulltarif.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei den anstehenden Verhandlungen im Juli geht es um das große Ganze, und es geht auch um das ganz große Geld, um ein Wiederaufbauprogramm, das der historischen Dimension der Coronakrise wirklich gerecht wird, und um einen EU-Haushalt für die gesamten nächsten sieben Jahre. Für uns als Grüne ist dabei eines ganz klar: Der Kampf gegen die Klimakrise muss Toppriorität haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist übrigens auch die Meinung der Menschen in unserem Land, die das im heutigen DeutschlandTrend zur Toppriorität erklärt haben. Der Green New Deal darf nicht nur ein schönes Schlagwort von Ursula von der Leyen bleiben, sondern er muss jetzt mit Leben gefüllt und mit Geld unterfüttert werden.

Zu mehr Klimaschutz gehört aber auch eine Verkehrswende hin zu einer nachhaltigen Mobilität. Es gehört eine Agrarpolitik dazu, die Umweltschutz, Tierwohl und gesunde Lebensmittel zusammendenkt. Es braucht aber auch Solidarität in einem sozialen Europa, Vorsorge im Gesundheitsbereich und kluge Investitionen in Digitalisierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist richtig, dass es Geld nur für diejenigen geben soll, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit achten. Gerade wenn die USA aktuell beim globalen Krisenmanagement ausfallen und China ohne Rücksicht auf Menschenrechte seine Interessen in der Welt skrupellos durchsetzt, braucht es ein weltpolitikfähiges Europa, aber auch internationale Solidarität in dieser Krise mit den Schwächsten auf der Welt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Europa darf nicht zum Spielball der geopolitischen Interessen anderer werden, sondern muss ein relevanter Player auf der Weltbühne sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, all diese Aufgaben kosten. Es wird offensichtlicher denn je, dass die EU endlich mehr Eigenmittel braucht. Es liegen sehr kluge, konkrete Vorschläge der Kommission und auch des Parlaments auf dem Tisch. Die Zeit für eine Besteuerung von Digitalkonzernen, für einen CO-Grenzausgleich und für eine Plastiksteuer ist jetzt. Die Bundesregierung muss aufhören, das zu blockieren oder auf die lange Bank zu schieben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei all den Unterschieden haben mich die ersten Wochen der Coronakrise an die Flüchtlingssituation vor fünf Jahren und erst recht an die große Finanz- und Wirtschaftskrise vor zehn Jahren erinnert. Das nationale egoistische Klein-Klein vertieft die Gräben in Europa und verhindert zum Schaden aller wirksame Lösungen.

Der Vorstoß von Angela Merkel und Emmanuel Macron hat Bewegung ermöglicht und Hoffnung gebracht. Bei mir nimmt leider gerade die Sorge zu, dass dieser historische Moment gefährdet wird bzw. verspielt werden könnte, wenn sich zum Beispiel einige Staaten dafür einsetzen, dass das Geld aus dem Wiederaufbauprogramm stärker als bisher geplant von den Mitgliedstaaten wieder zurückgezahlt werden muss. Das gefährdet doch, dass gerade diejenigen Staaten, die besonders hart von der Krise getroffen worden sind, wieder auf die Beine kommen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf: Schützen Sie diesen neuen Moment der Solidarität, erhalten Sie das wiedergewonnene Vertrauen, und verhindern Sie genau das in den Verhandlungen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir macht aber auch das Positionspapier der Union Sorge, das Sie diese Woche beschlossen haben. Sie und Ihre Kanzlerin haben mit den alten ideologischen Dogmen gebrochen, um eine Einigung möglich zu machen, aber jetzt kehren Sie genau zu den falschen alten finanzpolitischen Positionen zurück. Besonders ärgert mich der Vorstoß der Konservativen im Europäischen Parlament, die jetzt den Klimaschutz auf Eis legen wollen.

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt die Chance, die Folgen der Pandemie zu meistern und uns für künftige Krisen besser zu wappnen. Vor allem haben wir die Chance, eine Antwort auf die größte Krise unserer Zeit zu geben: die drohende Klimakatastrophe. Wir müssen diese Chance nutzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Eine starke Europäische Union ist nicht nur ein historisches Friedensprojekt und Garant unseres Wohlstands, sondern unsere wichtigste Zukunftsinvestition.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Brugger. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Staffler, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)