Rede von Dr. Anna Lührmann EUFOR ALTHEA-Einsatz in Bosnien und Herzegowina

24.06.2022

Dr. Anna Lührmann, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzte Debatte in diesem Haus über die Beteiligung an dem von der Europäischen Union geführten Mandat EUFOR Althea in Bosnien und Herzegowina liegt mehr als zehn Jahre zurück. Es ist ganz klar – darüber sind wir uns hier, denke ich, alle einig –, dass eine nachhaltige Stabilisierung Bosnien und Herzegowinas im europäischen Interesse liegt.

Gemeinsam mit unseren europäischen und transatlantischen Partnern wollen wir deshalb unserer Verantwortung für Bosnien und Herzegowina, wie auch für den gesamten westlichen Balkan, gerecht werden. Wir brauchen einen stabilen Balkan. Dafür brauchen wir jetzt den Wiedereinstieg deutscher bewaffneter Kräfte bei EUFOR Althea. Denn die innenpolitische Lage in Bosnien und Herzegowina ist zunehmend angespannt. Sie gefährdet die Entwicklung Bosnien und Herzegowinas zu einem friedlichen und demokratischen Rechtsstaat, dazu gehört die fortschreitende Sezessionspolitik der bosnisch-serbischen Entität Republika Srpska unter Führung von Milorad Dodik, dazu gehört aber auch der verstärkte Nationalismus im Vorfeld der für Oktober angesetzten Wahlen, und zwar der Nationalismus, den man in allen Volksgruppen finden kann. Klar ist: Jegliche Behinderung und jeglicher Boykott der Wahlen ist absolut inakzeptabel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine verstärkt in der Tat Befürchtungen, dass Russland auch in Bosnien und Herzegowina stärker destabilisierend wirken könnte. Sehr geehrter Herr Kollege Schwarz, ich denke, deshalb ist es genau richtig, dass wir jetzt hier dieses entschiedene Bekenntnis zu Bosnien und Herzegowina abgeben und ein klares Signal der politischen Stabilität senden. Wir sollten nicht wegen eines möglichen russischen Vetos im November im UN-Sicherheitsrat in vorauseilendem Gehorsam auf eine Beteiligung verzichten. Im Gegenteil: Wir müssen jetzt dieses klare Zeichen setzen, und ich kann Ihnen versichern, dass wir auch in engsten Gesprächen mit den Verbündeten sind, um eine Lösung zu finden, sollte eine solche Entwicklung eintreten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Denn mit EUFOR Althea verfügt die EU bereits seit 2004 über ein sehr bewährtes Instrument des effektiven Krisenmanagements vor Ort, das wir angesichts der neuen Lage stärken wollen. Darum hat auch die Führung vor Ort gebeten, und auch alle unsere Gesprächspartner in Sarajevo haben sich positiv zu einem deutschen Beitrag zu EUFOR Althea geäußert. Es ist aus mehreren Gründen ein wertvolles Instrument:

Erstens. Es sichert eine Stabilität, eine Präsenz im gesamten Land, weil EUFOR Althea wirklich vor Ort präsent ist. Zweitens. Es ist der maßgebliche Ausbildungs- und Kooperationspartner der Sicherheitsbehörden. Das heißt, hier geht es auch um den nachhaltigen Aufbau von Sicherheitsbehörden.

Drittens. EUFOR Althea sichert die Arbeit des Hohen Repräsentanten ab, der eine wirklich wichtige Rolle vor Ort spielt.

Viertens. EUFOR Althea ist wesentlich an der Demilitarisierung und der Entminung des Landes beteiligt.

In dieser aktuellen, kritischen Phase ist Bosnien und Herzegowina wirklich besonders auf internationale Unterstützung angewiesen. Der Einsatz zeigt auch exemplarisch, was wir in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU gemeinsam erreichen können.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen: Mit der Beteiligung an EUFOR Althea sendet Deutschland ein ganz klares Signal. Wir treten jedem Versuch der Destabilisierung entschieden entgegen. Wichtig ist, dass wir jetzt gemeinsam das Umfeld für die Wahlen im Oktober absichern. Dafür wollen wir uns vor Ort engagieren; deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme der deutschen Beteiligung an der Operation.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die AfD-Fraktion spricht jetzt Petr Bystron.

(Beifall bei der AfD)