Rede von Sabine Grützmacher Europäische Zentralbank

23.06.2022

Sabine Grützmacher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, ich bin ein bisschen verwirrt. Sie wollen keinen zentralen Digitaleuro, haben aber gerade von einem sogenannten Bitcoin-E-Euro gesprochen. Ihnen ist schon bewusst, dass der Bitcoin technisch die dezentrale Lösung ist? Manchmal macht es Sinn, über Anträge nachzudenken, bevor man sie stellt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Ihre Anträge zeigen auf jeden Fall eines: das Misstrauen gegenüber der EZB.

(Enrico Komning [AfD]: Zu Recht!)

Die Frage ist eher: Warum führen wir überhaupt eine Diskussion über den digitalen Euro? Während einige am liebsten die Zeit zurückdrehen oder statt eines digitalen Euros vielleicht lieber eine D‑Mark auf Blockchain-Basis generieren möchten, besteht die reale Gefahr, dass digitale Zahlungsmittel anderer Länder bald den europäischen Zahlungsmarkt dominieren. Und wenn große Techunternehmen eigene Zahlungsmittel anbieten, dann profitieren Sparkassen und Volksbanken davon garantiert auch nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Die Zentralbank wird profitieren!)

Eine europäische Lösung ist für die finanzwirtschaftliche Souveränität Europas wirklich wünschenswert und wichtig. Die Untersuchungsphase zeigt, dass eine Entwicklung von Zahlungssystemen europäischer Anbieter durch den digitalen Euro begünstigt werden könnte.

Soll der digitale Euro Bargeld ersetzen? Nein, das soll er nicht. Soll er als Geldanlage dienen? Nein, das soll er auch nicht. Ist die zentrale technische Lösung überhaupt schon gesetzt? Nein, ist sie nicht. Ist er als Stablecoin wahrscheinlich verlässlicher als Krypto-Assets? Definitiv.

Während Sie in Ihrem Antrag digitale Kryptowährungen anscheinend als erfolgreich ansehen, stürzt dieser Markt in der Realität derzeit ab. Wünschenswert wäre es, eine europäische Alternative zu diesen Krypto-Assets zu schaffen. Denn gerade die jungen Menschen, um die Sie sich angeblich sorgen, sind durch sogenannte Finfluencer zum Investieren in Krypto-Assets wirklich mehr als animiert worden und haben teilweise Totalverlust erlitten; das nur als Randnotiz für die sogenannten Bitcoin-Unternehmer/-innen in Ihren Reihen.

Ich wollte eigentlich noch etwas zum Thema Stromverbrauch sagen und dass die beste Vorsorge gegen Blackouts nicht Bargeld oder unversicherbare Atomenergie ist, sondern der Ausbau von Erneuerbaren. Aber das möchten Sie sowieso nicht hören. Deswegen lasse ich das mit Blick auf die Zeit weg.

Zurück zum digitalen Euro. Herr Balz, Vorstand der Bundesbank, hat gerade auf der BaFinTech bestätigt, dass es um eine sinnvolle Ergänzung, nicht um eine Abschaffung des Bargelds geht. Fabio Panetta, Mitglied des EZB-Direktoriums, hat klargestellt, dass der digitale Euro als weitere Option für Bezahlvorgänge gedacht ist, nicht als Konkurrenzprodukt auf dem Anlagemarkt. Das lässt sich durch Instrumente wie quantitative Obergrenzen für individuelle Guthaben oder andere Instrumente auch wirklich steuern.

(Jörn König [AfD]: Genau! Steuern wollen Sie die Leute!)

Die Diskussion – wenn man an ihr teilnehmen möchte – wird mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren technologieoffen und auch konstruktiv geführt. Aber dieser Vorstoß hier ist unzulänglich und trägt nicht zu einer konstruktiven Debatte bei.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)