Rede von Dr. Franziska Brantner Europäischer Rat und Asien-Europa-Gipfel

17.10.2018

Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schulz, danke für diese feurige und starke Rede für Europa. Aber ich würde mir wünschen, dass Sie Ihrem Finanzminister, Herrn Scholz, seines Zeichens immer noch Mitglied Ihrer Partei, mal etwas mehr Dampf unterm Hintern machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da ist doch nichts.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Er hat ja Herrn Scholz angesprochen!)

Wo ist denn der Aufbruch für Europa? Wir warten immer noch darauf. Sie haben ihn vor einem halben Jahr versprochen. Seither wird blockiert und ausgesessen. Da kommt nichts. Das ist fahrlässig und tragisch. Es ist schade, dass es Sie braucht, um hier etwas Dampf zu machen. Ansonsten ist unter dieser Regierung leider keine Bewegung für Europa zu spüren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Brexit sage ich: Es reicht – enough is enough. Entgegen allen Behauptungen, die hier immer wieder gemacht werden, kann die EU dem UK nicht weiter entgegenkommen. Sie hat schon unglaublich viele Zugeständnisse gemacht. Ich gebe Ihnen mal ein konkretes Beispiel: Es wird auch in Zukunft Bereiche geben, in denen UK europäisches Recht übernehmen wird: bei der inneren Sicherheit, konkret beim Datenaustausch. Wenn dann zum Beispiel der Verdacht besteht, dass sich UK nicht an die Datenschutzbestimmungen hält, wer entscheidet dann, ob unsere Daten weitergegeben werden dürfen oder nicht? Bis jetzt ist da der Europäische Gerichtshof die letzte Instanz. Diese Bedingung hat die EU ja schon lange aufgegeben. Und was ist jetzt der Verhandlungsstand? Es soll erst einen Ausschuss und dann ein Streitschlichtungsgremium geben. Dann würde man denken: Na ja, zur Not ruft man dann den Europäischen Gerichtshof an und fragt nach seiner Meinung. – Selbst das hat UK verhindert und gesagt: Das geht nur, wenn beide Seiten damit einverstanden sind – also nie. Das ist Justiz à la carte, und das geht nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist absolut richtig, wenn Frankreich darauf besteht, dass jede Seite alleine die Meinung – nicht das Urteil – des Europäischen Gerichtshofs einholen können muss. Ich bitte diese Bundesregierung, Frankreich dabei zu unterstützen, hart zu bleiben und solch eine Justiz à la carte nicht zu ermöglichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war nur ein kleines Beispiel; davon gibt es viele. Die britische Seite macht Pirouetten und schlägt Volten, weil auch gar nicht klar ist, wofür es im britischen Parlament eine Mehrheit gibt. Und wir sehen, wohin es führt, wenn Populisten sich durchsetzen. Es ist nicht unsere Aufgabe, Theresa May oder die Tory-Partei zu retten, sondern es ist unsere Aufgabe, die Europäische Union zu schützen und zu stärken. Diese Aufgabe müssen wir im Blick haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Martin Schulz [SPD])

An die Herren von der CSU: Lassen Sie den Populismus rechts liegen, verlassen Sie die Seite von Nationalchauvinisten wie Herrn Orban, und kommen Sie an die Seite derjenigen, die Europa stärken wollen. Da sind Sie immer herzlich willkommen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da sind sie doch schon!)