27.04.2023

Misbah Khan (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Helmut Kohl hat 1989 gesagt: „Wir sind kein Einwanderungsland, und wir können es auch nicht werden!“ Wenn man Ihnen zuhört, liebe Union, dann kann man feststellen: Ja, quantitative Fakten erkennen Sie mittlerweile an, aber in der Grundeinstellung haben Sie sich in Sachen Arbeitsmigration in 34 Jahren kaum einen Meter weiterentwickelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Faktisch haben Sie in den letzten Jahrzehnten eine Politik verfolgt, die Migration verhindert

(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Sollen wir mal Helmut Schmidt zitieren?)

und die es Leuten möglichst schwer machen sollte, nach Deutschland zu kommen, und das, obwohl wir in Deutschland kaum einen Sektor haben, in dem der Fachkräftemangel direkt oder indirekt nicht eines der größten Probleme darstellt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt stellen Sie sich hierhin und lamentieren und spielen sich auf als ein ganz, ganz großer Bedenkenträger.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Nein, wir machen bessere Vorschläge! Das ist etwas anderes!)

Festzustellen bleibt aber: In Sachen Migrationspolitik und in Sachen Fachkräftepolitik ist die Union schlicht wirtschaftsfeindlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Sprechen Sie doch mal über Ihren Antrag und nicht über die Union!)

Ihre Politik weiterzufahren, wäre ein Angriff auf die deutsche Volkswirtschaft. Deutschland hat ein ernstes Problem mit seinem Wirtschaftssystem und mit dem Sozialsystem, wenn es so bleibt, wie es ist, wenn wir so unattraktiv bleiben, wie wir sind.

Schon im letzten Jahrzehnt konnten wir feststellen, dass der demografische Wandel eigentlich nur durch Einwanderung kompensiert werden konnte. Die Zahl der Deutschen, die erwerbsfähig sind, sinkt. Es sind 350 000 Leute im Jahr, die wir ersetzen müssen. Und Friedrich Merz stellt sich hierhin und fragt dann öffentlich in unterschiedlichen Sendungen: Wo sind die Wohnungen, wo sind die Schulen, wo sind die Krankenhäuser und die Kindergärten

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Das gehört zur Willkommenskultur, Frau Khan! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

– ja, hören Sie einmal ganz kurz zu, dann kriegen Sie auch die Antwort darauf –

(Zuruf von der CDU/CSU: Da bin ich aber gespannt!)

für die zusätzlichen Einwanderer? Und ich frage Sie, Herr Merz: Wer soll denn die Wohnungen bauen, wer soll in Schulen unterrichten, wer soll in Krankenhäusern operieren und wer soll in Kindergärten betreuen, wenn niemand nach Deutschland kommen will?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: So ein Quatsch! Also, wenn das Ihre Antwort ist, dann können Sie einpacken! Meine Güte! Volksverdummung!)

Wir haben kein Problem damit, wenn zu viele Fachkräfte nach Deutschland kommen wollen. Wir haben ein Problem damit, wenn zu wenige Leute nach Deutschland kommen wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Alexander Throm [CDU/CSU]: Wegen Ihrer Baupolitik wird doch gar nicht mehr gebaut!)

Nie wurden politische Rahmenbedingungen geschaffen, die dieser Tatsache Rechnung tragen; bis heute. Wir machen jetzt Schluss mit einer schädlichen und restriktiven Arbeitsmigrationspolitik. Was wir schaffen, ist die Öffnung des Einwanderungsrechts,

(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Wir haben das liberalste Einwanderungsgesetz der Welt!)

die Vereinfachung der Verfahren, die Digitalisierung der Prozesse, die Verbesserung der Anwerbung, Integration von Fachkräften und ihren Familien und eine echte Willkommenskultur.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich bedanken bei all denen, die viel Arbeit in den Entwurf gesteckt haben, und bei den Kolleginnen und Kollegen Berichterstatter der Ampel. Wir machen uns auf zu einem Einwanderungsrecht, das seinen Namen verdient.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die Fraktion der AfD Dr. Götz Frömming.

(Beifall bei der AfD)