Rede von Canan Bayram Fachkräftestrategie

Foto von Canan Bayram MdB
14.10.2022

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den vorliegenden Antrag der Union gelesen und habe zunächst wirklich die Frage: Ist das ein Antrag, oder kann das weg?

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Das kann nicht weg!)

Denn Sie haben dort Forderungen von uns abgeschrieben. Braucht es das? Nein, wir haben es auch aufgeschrieben. Jeder kann es transparent nachlesen.

Steht da dann etwas Neues drin? Nach 16 Jahren könnte man ja meinen, Sie sind mal in sich gegangen und haben festgestellt, was Sie falsch oder nicht gemacht haben, und das schreiben Sie jetzt in diesen Antrag, weil Sie sich denken: Wir geben unsere Erfahrungen weiter an eine Regierung, damit die daraus etwas macht. – Nö. Keine Einsicht hinsichtlich Ihrer Versäumnisse. Auch das steht in dem Antrag leider nicht drin. Auch insoweit kann der weg.

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Da waren Sie lange Zeit dabei!)

Und drittens: Was fehlt darin eigentlich? Es fehlt das Potenzial der Menschen im Inland, die schon da sind und ihren Status ändern wollen, die aus einer Not heraus durch Flucht hierhergekommen sind und nun Teil unserer Gesellschaft werden und sich hier einbringen wollen. Dies kommt in Ihrem Antrag überhaupt nicht vor.

Deswegen ist mein Resümee: Dieser Antrag kann weg, und wir werden ihn auch sofort wegstimmen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD] – Zurufe von der CDU/CSU)

Die Beiträge aus der Union werfen hier eine Frage auf, die wirklich gefährlich ist.

(Zurufe der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU] und Marc Biadacz [CDU/CSU])

Ich frage mich auch, warum eigentlich Frau Lindholz heute in dieser Debatte nicht da ist, die sonst in einer Art und Weise über Geflüchtete und Migranten redet, bei der es mir schlecht wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Was für ein Demokratieverständnis!)

Da stellt sich halt wirklich die Frage, meine Damen und Herren von der Union: Wollen Sie wirklich, dass Deutschland so unattraktiv und schlecht wird, dass dadurch eigentlich nur die AfD gestärkt wird?

(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Dafür sorgen Sie schon allein!)

Bitte gehen Sie in sich! Erliegen Sie nicht der Gefahr, dieses Land auf eine Art und Weise zu gestalten, dass wir unattraktiv für Menschen aus dem Ausland werden, die wir hierhinholen wollen,

(Zuruf des Abg. Marc Biadacz [CDU/CSU])

und für Menschen, die schon da sind, denen wir ein Chancen-Aufenthaltsrecht geben wollen, meine Damen und Herren!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich hoffe – und das werden weitere Debatten hier zeigen –, dass Sie der Gefahr nicht erliegen und dass die Entschuldigung Ihres Fraktionsvorsitzenden ernst gemeint war, dass Sie nicht die Gruppen gegeneinander ausspielen. Denn ansonsten kann man nicht verstehen, warum in Ihrem Antrag einerseits steht, die Menschen sollen mehr arbeiten, insbesondere die Frauen sollen mehr arbeiten, andererseits aber die Migrantinnen und Migranten gar nicht vorkommen.

Ihr Antrag ist nicht zu Ende gedacht. Aber wir reden natürlich gerne mit Ihnen über unsere Lösungsangebote.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Nina Warken [CDU/CSU]: Das war aber jetzt nichts! – Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Es folgt für die FDP-Fraktion Friedhelm Boginski.

(Beifall bei der FDP)