Michael Kellner
20.01.2023

Michael Kellner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine Fachkräftelücke von über 500 000 offenen Stellen,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Es werden immer mehr! Super!)

sei es der Bäcker, sei es die Kfz-Schlosserin, sei es die Pflegekraft – sie alle fehlen. Dies ist allerorten ein Hemmnis für unsere wirtschaftliche Entwicklung. Unternehmensansiedlungen scheitern heute, weil Arbeitskräfte fehlen. In jedem meiner Gespräche mit mittelständischen Unternehmen ist der Fachkräftemangel eines der drängenden Themen. Deshalb handeln wir jetzt.

Es wird nicht die eine Lösung geben, um die fehlenden Fachkräfte aus dem Hut zu zaubern. In den nächsten Jahren setzen wir deshalb alle Hebel in Bewegung. Ohne Frage, manchmal ist der Weg in der Ampel, um zu Gemeinsamkeiten zu kommen, etwas weiter. Doch bei diesem Thema ist das überhaupt nicht der Fall. Schon bei den Koalitionsverhandlungen und jetzt auch beim Handeln der Häuser ist ein gemeinsamer Wille zur Einigkeit da. Es braucht eine gemeinsame Kraftanstrengung, um unser Land zu modernisieren. Hier wurde in der Vergangenheit viel Zeit vertändelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wisst ihr: Es wird immer über die vergangenen 16 Jahre geredet. Heute sind wir in der Verantwortung. Die Reden der Opposition wären aber glaubwürdiger, wenn es mal einen Satz der Selbstkritik zu der verlorenen Zeit der vergangenen Jahre gäbe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich bin froh, dass es in Teamarbeit mit der FDP, SPD und den Grünen gelingt, unser Land hier an der Stelle zu modernisieren.

Drei Handlungsfelder möchte ich hervorheben:

Erstens verbessern wir die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade Frauen müssen wir den Zugang zu Berufen im Handwerk und anderswo erleichtern. Wenn wir den Mutterschutz für selbstständige Frauen maßgeblich verbessern, machen wir es Frauen einfacher, einen Handwerksbetrieb zu gründen und zu leiten. Hierfür stimmen aber die Voraussetzungen noch nicht. Das müssen wir dringend ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Zweitens stärken wir Aus- und Weiterbildung. Wenn wir heute nicht ausbilden, nicht qualifizieren, dann werden die Lücken größer und nicht kleiner. Kürzlich erzählte mir eine Tischlermeisterin, dass sie eine Ausbildung machen wollte, um den Betrieb ihres Vaters zu übernehmen. Doch statt sie zu ermutigen, genau das zu tun, riet ihr die Berufsberatungsstelle, etwas mit Holz zu studieren. Davon ließ sie sich zum Glück nicht beirren, und sie arbeitet jetzt in ihrem Traumberuf als Tischlermeisterin. Das Beispiel zeigt: Handwerk ist attraktiv und sollte nicht schlechtgeredet werden. Es zeigt auch, warum wir bei der Beratung ansetzen und Berufseinsteigerinnen ermutigen, zu gründen oder einen Meister zu machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Drittens brauchen wir Einwanderung. Es ist an uns, ausländischen Fachkräften ein attraktives Angebot zu machen. Ansonsten werden sie in andere Länder gehen, weil – das ist anders, als manche vermuten – es viele Fachkräfte gibt, die Deutschland wieder verlassen,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Aha!)

weil sie angefeindet, diskriminiert oder gar mit Gewalt bedroht werden.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nein! Weil die Steuern zu hoch sind!)

Die Union muss sich hier entscheiden, ob sie die Probleme weiter anbellen oder lösen will. Will sie eine Willkommenskultur fördern oder mit dem Schüren von Ressentiments – wir erinnern uns an Ihre Worte, Herr Merz – zum Standortrisiko werden?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es gibt bewundernswerte Unternehmen, die mit gutem Beispiel vorangehen. In meinem Wahlkreis, in Eberswalde, kümmerte sich zum Beispiel der engagierte Handwerksbäcker Wiese schon früh um Geflüchtete. Er stellte Menschen aus Afghanistan in seiner Backstube ein und unterstützt diese bei der Ausbildung. Damit hat er – anders als viele andere Bäckereien – sein Nachwuchsproblem gelöst.

Heute ist das Signal: Wir modernisieren unser Land und räumen hochbürokratische Stolpersteine aus dem Weg.

Lassen Sie mich zum Ende sagen: Wir verstärken unsere Anstrengungen, interessierte Fachkräfte zu gewinnen. Hierfür nutzen wir unter anderem das Portal der Bundesregierung „Make it in Germany“. Ich sage an dieser Stelle klar an alle, die sich überlegen, in Deutschland zu arbeiten: Ihr seid bei uns sehr willkommen. You can make it in Germany.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion René Springer.

(Beifall bei der AfD)