Rede von Max Lucks Festlegung sicherer Herkunftsstaaten
Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen aus den demokratischen Fraktionen!
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja, ja!)
Im Deutschen Bundestag bringen Sie von der Union heute einen Gesetzentwurf zur Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten ein, ohne auch nur mit einem Wort auf LGBT-Personen in diesen Staaten einzugehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Das haben der Kanzler und die Ministerpräsidenten auch nicht gemacht! Haben Sie denen das auch vorgehalten? Sagen Sie das Ihrem Bundeskanzler!)
In München beschweren Sie von der Union sich darüber, dass Sie nicht auf den CSD gelassen werden, aber Sie offenbaren hier: Wenn es um ihren Schutz und wenn es um ihre Freiheit geht, dann können sich LGBT-Personen nicht auf Sie verlassen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Sagen Sie das Ihrem Bundeskanzler! Der hat dem schon zugestimmt!)
Hass und Gewalt gegen LGBT-Personen in Georgien ist alltäglich und systematisch organisiert. Schutz gibt es nicht. Homophobe Gewalt trifft auf ein System der Straflosigkeit, und die Behörden setzen dem nur unzureichende Maßnahmen entgegen. Das, Herr Seif, ist keine Ideologie, es ist auch nicht die Analyse von Bündnis 90/Die Grünen oder von mir, sondern es ist die Analyse der Menschenrechtskommissarin des Europarates. Das haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf nicht mal ansatzweise aufgegriffen.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)
– Doch, das stimmt.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das ist ja Blödsinn! Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun!)
Ich reiche Ihnen gerne nach, was die Menschenrechtskommissarin des Europarates zur Lage von LGBT-Personen in Georgien sagt. Das hätten Sie vielleicht auch mal lieber vor Ihrer Rede lesen sollen; dann wäre sie besser geworden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber gut: Dass sich die Union nicht um den Schutz von LGBT-Personen kümmert, das wissen wir. Doch Sie haben noch was anderes in Ihrem Gesetzentwurf vergessen. In Georgien und Moldau sind ganze Landesteile von Russland oder prorussischen Separatisten kontrolliert. Liebe Union, ich unterstelle Ihnen ja vieles. Aber dass sogar Sie Abchasien, Südossetien oder Transnistrien für sicher halten, das kann ich mir nicht vorstellen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Detlef Seif [CDU/CSU]: Darum geht es gar nicht! Der größte Teil ist sicher! Das ist entscheidend!)
Sie wissen ganz genau, dass sich das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten auf die Staatsbürgerschaft bezieht.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Ja!)
Das heißt, nach Ihrem Gesetzentwurf käme ein Menschenrechtsverteidiger aus dem russisch kontrollierten Abchasien mit georgischer Staatsbürgerschaft aus einem sicheren Herkunftsland. Kein Vorschlag und keine Regelung, wie damit umzugehen ist!
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Doch! In den sicheren Teil muss der zurück! – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: In den sicheren Teil! Sie haben das überhaupt nicht verstanden!)
Einen solchen Gesetzentwurf verdient dieses Parlament nicht. Wir werden uns nicht an dieser Symbolpolitik zulasten der Entrechteten beteiligen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie behaupten perfide, dass die Einstufung von sicheren Herkunftsstaaten die Abschiebung vereinfachen würde. Damit täuschen Sie die Öffentlichkeit.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie wissen sehr genau, dass für Rückführungen bilaterale Abkommen entscheidend sind, und dieser Sache nehmen wir uns als Bundesregierung an.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sehr geehrte Mitglieder des Bundestages, die Einstufung von sicheren Herkunftsstaaten mag auf den ersten Blick wie ein einfaches Mittel zum Stimmenfang wirken. Doch mit diesem Gesetzentwurf wäre sie für verfolgte Menschen in Georgien und Moldau ein Schlag ins Gesicht.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Nächste Rednerin ist Clara Bünger für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)