Rede von Filiz Polat Festlegung sicherer Herkunftsstaaten
Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Dass Sie, liebe Union, auf Ihrem Grundsatzkonvent, wo Sie die Weichen für die Grundsätze der Christlich Demokratischen Union stellen, eine Rede von Frau Pechstein, die antiziganistisch und rassistisch war,
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Wer? Frau Pechstein?)
einschließlich der versammelten Spitze, beklatschen, dass obendrein Ihr Parteichef Merz diesen Auftritt im Nachgang als „wirklich interessant“, gar als „brillant“ adelt, das macht vielen Menschen in diesem Land Angst.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE])
Denn das, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, zeugt nicht von guter Programmarbeit, sondern leider einmal mehr davon, dass Ihre Brandmauer zu den ganz Rechten zunehmend bröckelt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, gerade nach der Rede des Kollegen Hoffmann möchte ich wiederholen: Das bereitet vielen Menschen, gerade Menschen mit Migrationshintergrund, die aufgrund ihrer Herkunft bedroht werden, große Sorge.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Also, ich brauche da von Ihnen keine Belehrungen! Das ist ja Wahnsinn! – Gegenruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD]: Also, mir ist die Wüst-CDU eh lieber!)
Genau deshalb sollten wir bei den Antworten auf die Herausforderungen bei der Aufnahme von Geflüchteten in diesem Land bei den Fakten bleiben.
(Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Ich lasse keine Zwischenfrage von Herrn Hoffmann zu, Frau Präsidentin.
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
In Ordnung, keine Zwischenfrage.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ach!)
Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Einstufung von Ländern als sichere Herkunftsstaaten, wie Sie es immer wieder suggerieren, ist sicherlich kein Beitrag zur Entlastung der Kommunen, und sie war es auch nie, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Da Sie in Ihrem Gesetzentwurf wiederholt auf die Anerkennungsquoten abstellen, möchte ich Sie nochmals daran erinnern – Frau Bünger hat es auch schon getan –, dass an die Einstufung von Herkunftsländern als sicher nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hohe Anforderungen gestellt werden und die Anerkennungsquoten hier in keiner Weise eine solche Einstufung rechtfertigen können. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE])
Meine Damen und Herren, die Genfer Flüchtlingskonvention – um das an dieser Stelle auch zu sagen – kennt das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten nicht. Im Gegenteil: Artikel 3 verbietet eine unterschiedliche Behandlung von Asylanträgen aufgrund des jeweiligen Herkunftslandes, egal wie hoch die Anerkennungsquote ist. Ich möchte zitieren:
Die vertragschließenden Staaten werden die Bestimmungen dieses Abkommens auf Flüchtlinge ohne unterschiedliche Behandlung aus Gründen der Rasse, der Religion oder des Herkunftslandes anwenden.
Und das gilt in Deutschland, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn Sie sich schon auf das Bundesverfassungsgericht beziehen, dann tun Sie das bitte umfassend. Es hat in seinem Urteil vom Mai 1996 bezüglich sicherer Herkunftsstaaten klargestellt, dass zur Einstufung – ich zitiere – „Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen“ muss.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss, obwohl das nach der Rede von Herrn Hoffmann wirklich schwierig ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ja, ja!)