Rede von Canan Bayram Finanzierung parteinaher Stiftungen

15.06.2018

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Erlaubnis des Präsidenten würde ich gerne zitieren aus der „Gemeinsamen Erklärung zur staatlichen Finanzierung der Politischen Stiftungen“. Da heißt es:

Der freiheitliche Staat hat durch die Verfassung den Auftrag, politische Bildung zu fördern. Er lebt aus der politischen Kultur, deren gesellschaftliche und politische Wurzeln sich seiner Gewalt entziehen. Politischer Diskurs und politische Entscheidungen setzen Informationen und ethisch-politische Orientierung voraus. Politische, Orientierung bietende Bildungsarbeit nicht-staatlicher Bildungsträger, die auch politische Forschung, Information und Beratung sowie Begabtenförderung umfaßt, ist eine notwendige Voraussetzung für die Entfaltung politischer Freiheit und sichert den Fortbestand des freiheitlichen, pluralistischen Gemeinwesens.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist etwas, was die Gemeinsame Erklärung der hier bereits mehrfach genannten Stiftungen beinhaltet; darauf hat man sich verständigt. Dann stellt sich natürlich die Frage: Warum sind Sie nicht auf die bestehenden Stiftungen zugegangen und haben gefragt: „Was gibt es da für Möglichkeiten? Wie können gegebenenfalls auch wir uns einbringen?“? Man könnte ja vermuten, dass in der von mir gerade vorgelesenen Erklärung Aspekte sind, die Sie nicht teilen; aber das müssen Sie selbst beantworten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun kommen wir zu der Frage, inwieweit es eines Gesetzes bedarf oder nicht. Meine Fraktion hat seinerzeit ebenfalls klargestellt, dass es eines Gesetzes bedarf. Tatsächlich hat die Kollegin vorgetragen, dass das Gericht in seiner Entscheidung diese Frage offengelassen hat; es hat es dahinstehen lassen. Nach wie vor sind wir der Ansicht, dass es eines Gesetzes bedarf. Auch wir sind der Ansicht, dass im Grundgesetz wenn auch keine ausdrückliche Gesetzgebungskompetenz, doch wohl eine Annexkompetenz zu Artikel 21 dergestalt vorhanden ist, dass aufgrund dessen ein Gesetz auf den Weg gebracht werden würde.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber dazu muss ich ganz deutlich sagen: Das Gesetz, wie Sie es vorgelegt haben – manche haben es „Lex AfD“ genannt –, ist tatsächlich nicht nur unter diesem Aspekt ein Gesetz, das wir nicht unterstützen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man vorhin der Rede von Herrn Seitz zugehört hat, dann hat man sich gefragt: Warum durfte er in dieser Rederunde nicht reden; denn er gilt ja als einer der schärfsten Kritiker dieses Gesetzes,

(Zustimmung des Abg. Thomas Seitz [AfD])

– Sie nicken –, jedenfalls dieses Anliegens?

Ich finde das wirklich interessant; schließlich gibt es dazu einen Artikel im „Spiegel“ einer Kennerin der AfD-Szene, Melanie Amann. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus dem Artikel mit der Überschrift „AfD gegen AfD gegen AfD“. Ich kläre jetzt auch auf, was dahintersteckt. In dem Artikel wird erwähnt, dass die Fraktionschefin Alice Weidel die Erasmus-Stiftung durchsetzen will. Da wird gesagt, sie sei dabei unterstützt worden von Erika Steinbach. Dabei ziehe ein Hans ­Hausberger, ein Österreicher mit Wohnsitz am Bodensee, die Fäden. Es wird hier auch behauptet, es sei ihr Vertrauter; dazu kann ich nichts sagen. Aber was hier auch steht, ist, dass er schon die Republikaner bei der Gründung einer Stiftung zu unterstützen versuchte.

Die zweite Fraktion, wird hier behauptet, werde angeführt vom Partei- und Fraktionschef Gauland. Der hätte gerne eine Gustav-Stresemann-Stiftung. Dabei gebe es aber namensrechtliche Probleme, weil die Angehörigen es wohl nicht so gut finden, dass man das so macht.

(Ulli Nissen [SPD]: Verständlich!)

Ich will noch mal zitieren, was Herr Seitz dazu sagt,

(Jürgen Braun [AfD]: Ist das eine Lesung oder Rede oder?)

weil er hier heute nicht reden durfte:

Seitz zählt sodann auf, wen er zu den möglichen heimlichen Finanziers der Erasmus-Stiftung zählt: „Der israelische oder russische Geheimdienst,

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Oijoijoi!)

das Bankhaus Merck Finck oder auch Bundesnachrichtendienst oder Verfassungsschutz.“

Als ehemaliger Staatsanwalt will er wohl den Dingen auf den Grund gehen.

Ich finde, das ist eine Information, die alle hier im Haus und auch die Zuschauer mitbekommen sollten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Das Spannende, was Ende des Monats ansteht, ist: Sind Sie eine Partei, die die Basis ernst nimmt, wie Sie das gerne behaupten? Wenn man aktuellen Artikeln glauben darf, dann scheint eine Mehrheit für diese Idee nicht sicher zu sein. Ich frage mich: Halten Sie sich dann an das Votum des Parteitags? Das heißt übersetzt: Reden wir heute vielleicht über einen AfD-Entwurf, der in ein paar Wochen schon Geschichte ist, weil die AfD selber nicht mehr an ihm festhält und ihn sozusagen zurücknimmt? Das müssten Sie ja entweder in dem Fall, dass Ihr Kollege, der ehemalige Staatsanwalt, zu dem Ergebnis kommt, dass alles stimmt, was er vermutet, oder wenn Ihr Parteitag Ihnen die Gefolgschaft verweigert, tun.

Also, es bleibt spannend, und wir bleiben dran.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Braun [AfD]: Ja, danke für Ihr Interesse an der AfD! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist ungeschickt, den Entwurf einzubringen!)