Rede von Bruno Hönel Finanzkriminalität

Bruno Hönel MdB
14.12.2023

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Also, Herr Gottschalk, dafür, dass Sie es noch nicht mal hinbekommen haben, hier heute zu der Debatte einen Antrag vorzulegen, haben Sie gerade ganz schön die Backen aufgeblasen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vielleicht sollten Sie den sachlichen Input in der Debatte zum Anlass nehmen, überhaupt mal eine Position in der Frage zu entwickeln. Da würden wir auf jeden Fall deutlich weiter kommen.

Seit langer Zeit gilt: Im Geldwäscheparadies Deutschland finden alle einen sicheren Hafen: die Jachten der Oligarchen und das schmutzige Geld aus der ganzen Welt. Die Lücken in der Verfolgung von Finanzkriminalität sind den Kriminellen bestens bekannt, und sie werden ruchlos ausgenutzt. So entgehen dem Staat riesige Milliardenbeträge, schätzungsweise 100 Milliarden Euro nur bei der Geldwäsche, wobei man einschränkend sagen muss, dass die empirische Grundlage für diese Schätzung eher mau ist. Vor allem aber geht das Vertrauen in den Rechtsstaat genauso wie in die Integrität des Wirtschafts- und Finanzstandorts Deutschland verloren. Das hat der Finanzminister völlig richtig angesprochen.

Natürlich fühlen sich all jene, die jeden Monat ehrlich und verlässlich ihre Steuern zahlen, schlicht und ergreifend ungerecht behandelt, wenn der Staat Menschen gewähren lässt, die mit enormer krimineller Energie Handlungen gegen das Eigentum anderer Personen oder den Staat unternehmen. Da muss man schonungslos konstatieren, dass der Kampf gegen Finanzkriminalität in der Vergangenheit zu oft gescheitert ist: an zersplitterten Zuständigkeiten,

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: An Finanzminister Scholz!)

an einer fehlenden Ressourcenausstattung und an einer falschen Prioritätensetzung. Das haben die Expertinnen und Experten der FATF auch immer wieder angemahnt. Geändert hat sich in der Vergangenheit leider nichts.

Daraus kann man ja nur einen logischen Schluss ziehen, nämlich dass wir endlich aktiv werden müssen, dass Geldwäsche, dass Finanzkriminalität in unserem Land deutlich entschlossener bekämpft werden muss. Das ist einfach eine Frage von Recht und Gerechtigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Das tut die Ampelkoalition. Mit dem Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität schaffen wir nun eine zentrale Behörde, die Ermittlungskompetenzen, Prüfung von Verdachtsmeldungen und Koordinierung unter einem Dach bündelt. Das ist ein geradezu überfälliger Schritt im Kampf gegen Finanzkriminalität,

(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])

zur Bekämpfung von Geldwäsche, den wir nun endlich gehen, lieber Herr Hauer.

Wir leiten hier einen wirklichen Paradigmenwechsel ein. Bisher wurde immer eine Vortat, beispielsweise der Straftatbestand „Drogenhandel“, benötigt, um überhaupt ermitteln zu können. Durch diese Konzentration auf die Vortat werden aber eben damit in Verbindung stehende komplexe Fälle von Finanzkriminalität vernachlässigt, ganz nach dem Motto – auch das hat der Finanzminister richtig gesagt – „Sich in den kleinen Fischen verbeißen und die dicken Dinger durchs Netz gehen lassen“. Aber das ist das falsche Motto. Das richtige Motto hier ist „Follow the money“, also die Zurückverfolgung krimineller oder verdächtiger Finanzmittel zu ihrem Ursprung, zur kriminellen Vortat.

Genau dieses Prinzip machen wir nun zur Grundlage der Geldwäschebekämpfung. Die Behörden werden also künftig der Spur des Geldes folgen, um an den Ursprung der verdächtigen Vermögen zu gelangen. Das ist der einzig richtige Weg; so sehen es auch die nationalen und internationalen Expertinnen und Experten. Deswegen schlagen wir diesen Weg richterweise auch ein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Jahrelang wurde die Finanzkriminalität eher als ein Kavaliersdelikt behandelt.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Finanzminister war Olaf Scholz!)

Und ja, man muss schon sagen, dass die Union dieses Problem zwar grundsätzlich erkannt hat. Aber anstatt zu reagieren, also Ermittlungskompetenzen auszubauen, Zuständigkeiten zu bündeln,

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Scholz war zuständig!)

Zusammenarbeit besser zu koordinieren, haben Sie sich ganz smooth zurückgelehnt und den Kriminellen zugeschaut.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Wer war der Finanzminister?)

Nun bringen Sie einen Antrag ein, in dem Sie viele der Maßnahmen aus der Ampelentschließung zum SDG II aufgreifen. Das ist prinzipiell erst mal ganz gut. Ich breche mir auch überhaupt keinen Zacken aus der Krone, wenn ich sage, dass ich einige der Maßnahmen in dem Antrag auch richtig und sinnvoll finde.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Ihr macht es aber nicht!)

Ich frage mich nur, warum Sie auf solche Ideen – es ist in vielen Politikbereichen immer das Gleiche mit Ihnen – immer erst kommen, wenn Sie in der Opposition sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hätten all das umsetzen können in den letzten Jahren.

(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])

Haben Sie aber nicht. Sie haben gesagt, Sie hätten auf die Expertinnen und Experten gehört.

(Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])

Nein, das haben Sie eben nicht! Sonst hätten wir diese Probleme nicht, Herr Hauer; das ist das Problem. Deswegen ist es auch unglaubwürdig, was Sie hier vortragen. Man glaubt es Ihnen einfach nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Trotzdem will ich eines, auch in Bezug auf Ihren Antrag, sagen. Sie haben ja recht, Herr Hauer: Einfach nur eine neue Behörde zu schaffen, löst das Problem nicht. Das ist völlig klar; das ist völlig richtig.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ja eben!)

Für uns Grüne ist deswegen auch klar: Es braucht eine neue gesetzliche Grundlage für die Ermittlung und potenzielle Einziehung verdächtiger Vermögensgegenstände. Das ist ganz zentral.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christoph Meyer [FDP] – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das steht aber nicht im Gesetz!)

Wenn also unklar ist, woher beim Erwerb verdächtiger Vermögenswerte die Mittel stammen oder wer die faktische Kontrolle über die Vermögenswerte ausübt, dann müssen die Behörden natürlich die Kompetenzen haben, den Eigentümer und die Mittelherkunft ermitteln zu können. Und werden dann von den Inhabern verdächtiger Vermögenswerte keine plausiblen Antworten gegeben, dann muss aus unserer Perspektive im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen eine weitgehende Verfügungsbeschränkung oder ein entsprechender Einzug dieser verdächtigen Vermögen erfolgen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das steht nicht im Gesetz!)

Wie sonst, wenn nicht über eine vortatunabhängige Vermögensermittlung, soll der wahre Inhaber von verdächtigem Vermögen, der ja alles tut, um genau das zu verschleiern, ausfindig gemacht werden? Wie sonst, wenn nicht über den Druck des Vermögenseinzugs,

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Dann stimmen Sie doch einfach unserem Antrag zu!)

sollen die betreffenden Personen dazu gebracht werden, die Vermögensherkunft nachzuweisen? Die Geldwäschebekämpfung wird ohne diese Instrumente nicht hinreichend gelingen. Es ist daher gut und unerlässlich, dass die Bundesregierung hierzu zeitnah einen Regelungsvorschlag vorlegen wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Sie können doch einen Änderungsantrag stellen!)

Wir haben jetzt also ein erstes Maßnahmenpaket vorliegen, das Jahre überfällig ist – ich habe das angesprochen – und das wir im parlamentarischen Verfahren definitiv noch verbessern müssen.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Schlechter geht ja nicht!)

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir rechnen dabei schon mit einer breiten fraktionsübergreifenden Unterstützung durch all jene, die in Sonntagsreden völlig zu Recht eine Intensivierung des Kampfes gegen Geldwäsche, gegen Finanzkriminalität fordern. In diesem Verfahren haben Sie die Möglichkeit, endlich ins Handeln zu kommen. Von daher: Beteiligen Sie sich konstruktiv an der Debatte! Dann wird das eine gute Sache.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Der Kollege Markus Herbrand hat das Wort für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)