Rede von Marcel Emmerich Finanzkriminalität

Marcel Emmerich MdB
14.12.2023

Marcel Emmerich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Rede aus der CDU hier angehört hat, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass der Titel des neuen Grundsatzprogramms der CDU lautet: Jetzt viel reden, früher wenig machen.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wie lange haben Sie denn für den Kalauer gebraucht? – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Der war jetzt nicht toll!)

Das ist nämlich der entscheidende Unterschied: Wir regieren und handeln. Sie reden bloß.

Es ist so, dass Deutschland, oft als integrer Wirtschaftsstandort gepriesen, mit der Situation konfrontiert ist, die Waschmaschine Europas zu sein, und das nicht erst seit gestern.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Umzingelt von Wirklichkeit!)

Mafiamilliarden in Immobilien, die Organisierte Kriminalität des Rechtsextremismus und der Milliardenbetrug bei Wirecard sind nur die Spitze des Eisbergs.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Cum-ex haben wir auch noch! Das haben Sie verhindert!)

Als Koalition haben wir in den letzten zwei Jahren in diesem Bereich schon viel auf den Weg gebracht.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Cum-ex wäre gut!)

Die Gesetzgebung zur Sanktionsdurchsetzung, bei der Sie jahrelang nichts getan haben, und das Barkaufverbot von Immobilien sind erst der Anfang, um Geldwäsche mit Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit anzugehen. Und das machen wir als Koalition jetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: „Heute stehen wir vor dem Abgrund, morgen sind wir einen Schritt weiter“, oder wie?)

Es geht dabei nicht nur um viel Geld. Nein, es geht dabei auch um Glaubwürdigkeit, um Vertrauen und Integrität, die dieser Staat wirklich braucht. Es geht darum, dass Deutschland durch die Arbeit der Finanz- und Ermittlungsbehörden kein sicherer Hafen mehr für Mafiamilliarden, für Geldwäsche und Milliardenbetrug sein kann und darf. Trotz der Vorhaben, die wir als Koalition auf den Weg gebracht haben, sind wir noch immer das Land, das jeden Sozialleistungsbetrug von 8,50 Euro akribischer verfolgt und schärfer darüber diskutiert, als wenn es um Geldwäsche im Milliardenbereich geht. Das darf nicht unser Anspruch sein. Der Kampf gegen Geldwäsche ist auch eine soziale Frage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Er ist aber auch eine Frage der öffentlichen Sicherheit. Dazu muss man sich nur mal das Lagebild des BKA zur Organisierten Kriminalität aus dem letzten Jahr anschauen. Da sehen wir, dass 30 Prozent aller OK-Verfahren einen Bezug zu Geldwäscheaktivitäten haben. Auch wenn man sich die aktuelle Berichterstattung anschaut, sehen wir, dass wir noch viel zu tun haben.

Wie sehr sich etwa die italienische Mafia in Deutschland festgesetzt hat, zeigt ein Bericht der „FAZ“. In Erfurt kaufen mutmaßliche Mafiosi Immobilien in Millionenhöhe. Es entsteht ein Dickicht von Hausbewohnern, kaum nachvollziehbar für die Ermittler. Schließlich wird die Immobilie mit Gewinn verkauft, und das Geld fließt nach Italien. Trotz der wirklich entschlossenen Arbeit der Ermittler über 20 Jahre hinweg mussten diese ihre Ermittlungen am Ende einstellen. So etwas darf nicht sein.

Auch nach dem Urteil hier in Berlin kann niemand verstehen, wie ein so junger Mann der Remmo-Bande so viele Immobilien besitzen kann und dass sie ihm nicht entzogen werden können. Es ist vollkommen klar: Auf solche Entwicklungen braucht es klare Antworten in aller Rechtsstaatlichkeit, aber auch in aller Entschlossenheit.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es ist vollkommen logisch, dass wir gerade mit Blick auf die Empfehlungen des FATF-Berichts dafür sorgen müssen, dass die Finanzermittlungen nicht mehr im Nirwana zahnloser Behörden und im Zuständigkeitenpingpong stecken bleiben.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Und dann schaffen Sie noch mehr Behörden!)

Deswegen ist es so wichtig, dass wir hier vorankommen und die Ressourcen und Zuständigkeiten an einer Stelle bündeln. Und das machen wir auch.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das machen Sie überhaupt nicht!)

Dabei muss auf das Know-how von Zoll und BKA zurückgegriffen werden, und das wird es auch.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Die müssen nämlich die Arbeit machen für die Behörde!)

So wird das BKA gerade im Kampf gegen die Finanzkriminalität noch mal gesondert gestärkt. Es kommt darauf an, mit einer engen Kooperation, gemeinsamen Ermittlungsgruppen, wie sie vorgesehen sind, und klaren Verantwortlichkeiten Synergien zu nutzen und am Ende keine Doppelstrukturen entstehen zu lassen – das ist ganz klar –; denn anders werden wir der Mammutaufgabe des Kampfs gegen Geldwäsche nicht gerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, sich für den demokratischen Rechtsstaat einzusetzen und gleichzeitig bei der Bekämpfung von schwerer Finanzkriminalität voranzukommen, das ist der Anspruch, den wir hier als Koalition haben. Das ist ein Beitrag für eine resiliente und stabile Demokratie, für Wirtschaft, Sicherheit und auch für soziale Gerechtigkeit. Daran arbeiten wir. Wir laden Sie herzlich ein, daran mitzuarbeiten: nicht nur reden, sondern auch machen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das sollten Sie sich mal selbst zu Herzen nehmen!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort hat jetzt Carsten Müller für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)