Rede von Dieter Janecek Förderung von Plug-In-Hybriden

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19.05.2022

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Tilman Kuban, ich glaube, Sie müssen als Union ein bisschen aufpassen, dass Sie in der Wirtschafts- und Förderpolitik nicht hinter die Automobilindustrie selber zurückfallen; denn die hat einen sehr klaren Investitionspfad, und der geht ausschließlich in Richtung Elektromobilität.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU])

Das verstehen die Unternehmen. Reden Sie mal mit VW über die große Investition, die jetzt in Wolfsburg stattfinden wird, und reden Sie auch mal mit dem Daimler-Chef oder mit dem Porsche-Chef.

Ich war vor Kurzem bei ZF Getriebe, und die bauen noch – und das ist auch wertzuschätzen – Hybridantriebe, Doppelkupplungsanlagen. Aber die wissen ganz genau, dass die auslaufen, und zwar in wenigen Jahren.

(Bernd Schattner [AfD]:In Deutschland läuft das aus!)

Das ist dort Unternehmenspolitik. Denen ist klar, dass die Hybridtechnologie in diesen Übergangszeiträumen noch eine Rolle spielt. Aber wir müssen uns natürlich als Staat die Frage stellen: Was wollen wir denn fördern, wenn wir im Koalitionsvertrag versprochen haben, dass die Klimaneutralität das Kriterium der Förderung ist und nicht die Förderung von einzelnen Segmenten der Automobilindustrie?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben wir vereinbart. Deswegen gibt es jetzt die Diskussion – völlig zu Recht – über die Vorlage des BMWK. Es ist eine Diskussion, die noch nicht zu Ende geführt ist, wenn wir sehr viel Geld ausgeben.

Ein Hybridwagen-Käufer erhält in der Regel im Schnitt eine Förderung von 5 500 Euro – das ist eine Menge Geld. Macht es dann Sinn, dieses Geld ab dem Jahr 2023 auch weiter zu investieren, oder macht es nicht vielmehr Sinn, in eine moderne Verkehrspolitik, in Elektromobilität, in Infrastruktur zu investieren?

Ich sage übrigens, auch bei der Elektromobilität werden diese Fördersätze, die wir heute haben und die sehr hoch sind, nicht dauerhaft so bleiben können. Auch dieser Markt muss in naher Zukunft von alleine fliegen. Da wollen wir hin. Wir wollen, dass sich Elektromobilität durchsetzt, weil das auch der Weltmarkt so will. – Herr Ploß will eine Zwischenfrage stellen.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Herr Abgeordneter, Sie holen so gar keine Luft. Da kann ich dann auch so schlecht fragen. – Aber es hat sich jetzt zunächst einmal Herr Kuban von der CDU/CSU gemeldet. Erlauben Sie die Zwischenfrage?

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, das mache ich natürlich sehr gerne.

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Ja hätte gereicht!)

– Ein Ja hätte gereicht.

Tilman Kuban (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Kollege Janecek, ich habe eine Frage. Sie haben vor nicht einmal einem Dreivierteljahr einem Koalitionsvertrag zugestimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Koalitionsvertrag steht – das versichern Sie damit ja auch den Menschen in diesem Land –, dass man ab dem nächsten Jahr auch Hybridautos mit 80 Kilometern Mindestreichweite weiter fördern will. Gilt dieser Koalitionsvertrag noch? Fühlen Sie sich daran noch gebunden, oder tun Sie das nicht mehr?

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie mal ordentlich!)

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Der Koalitionsvertrag beschreibt, dass Fahrzeuge dann förderwürdig sind, wenn wir feststellen, dass die Klimaneutralität gewährleistet ist. Das ist ein Unterschied zu dem, was Sie gesagt haben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat geprüft, ob das bei der Hybridtechnologie mit einem vertretbaren bürokratischen Aufwand messbar ist. Sie haben festgestellt, dass das nicht der Fall ist. Daher können wir bei Hybridfahrzeugen schlichtweg nicht davon ausgehen, dass das in der Summe klimafreundliche und damit förderwürdige Fahrzeuge sind; Sie wissen ganz genau, dass ganz viele Ladekabel immer noch im Kofferraum landen und nicht genutzt werden. Deswegen ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu der Vorlage gekommen, die wir diskutieren und zu der wir sagen: Unsere Einschätzung ist, das funktioniert so nicht. Deswegen empfiehlt das Ministerium, die Förderung zu beenden. – Das ist die sachliche Antwort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Es gibt gleich noch eine zweite Zwischenfrage von Herrn Spaniel von der AfD.

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein, danke schön; eine reicht. – Die Frage, die wir uns also weiterhin stellen müssen, ist eine haushalterische. Sie von der Union – ich verstehe Ihre Politik sowieso seit Wochen nicht mehr so ganz – betonen ja immer eine strenge Haushaltsführung, haben aber die größten Wünsche bei den Ausgabenprogrammen. Da überholen Sie die Linken zum Teil schon ganz schön.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist jetzt bei der Energiesteuer so gewesen.

Bei der Hybridförderung stellen wir uns die Frage, ob sie vielleicht nicht mehr der Bereich ist, für den wir in Zukunft noch ein paar Milliarden Euro brauchen, sondern ob die Elektromobilität der Pfad ist, der beschritten wird. Das wird ja von der Industrie selber und von den Kunden gewünscht. Auch die Anzahl der Neuwagenzulassungen war eindeutig. Das Hauptproblem, das wir im Moment auf dem Markt haben, ist die Ladeinfrastruktur. Momentan haben wir auch Probleme in der Lieferkette, sodass Menschen, die heute Elektrofahrzeuge kaufen wollen, sie leider nicht mehr kurzfristig kriegen. Da haben wir ein großes Problem.

Womit wir kein Problem haben, ist, dass Menschen Autos kaufen. Als Politiker in diesem Bundestag darf ich aber doch mal ganz grundsätzlich die Frage stellen – ich würde schon sagen, wir sollten diese Frage immer stellen –, ob das Geld, das wir hier ausgeben, dafür genutzt werden soll, um Anreize zu schaffen, Automobile zu kaufen.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wenn man auf dem Land lebt? Wenn die Leute auf dem Land zur Arbeit fahren müssen, ohne Bus und Bahn? Es wohnt nicht jeder in Berlin!)

Ich meine, der Markt muss am Ende ja selbst funktionieren. Die Elektromobilität wird von selbst funktionieren. Wir brauchten die Übergangszeit, um das zu intensivieren, aber jetzt sind wir auf dem Weg, das zu schaffen. Deswegen plädiere ich dafür, dass wir einen Weg finden, Hybrid- und Elektromobilität anders zu gewichten, als wir es in der Vergangenheit getan haben.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)