Rede von Kai Gehring Folgen der Corona-Krise für die Wissenschaft

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07.05.2020

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Regierung nennt es „Unterstützungspaket für Studierende und Wissenschaftler“. Ich nenne es eine sozial- und bildungspolitische Bankrotterklärung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Coronakrise bedroht Existenzen. Wir haben hier im März in aller Eile 150 Milliarden Euro für Rettungsschirme bewilligt.

(Dr. Astrid Mannes [CDU/CSU]: Das war auch gut so!)

Außen vor geblieben sind 3 Millionen Studierende im Land. Für sie gilt: Bist du deinen Job los und stehst vor der Pleite, dann darfst du dich jetzt mit einem Kredit verschulden. – Das ist unterlassene Hilfeleistung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was machen Union und SPD in ihrem Unterstützungspaket? Genau einen Trippelschritt: BAföG-Empfänger, die nach dem 1. März einen Nebenjob in Krankenhäusern oder in der Landwirtschaft angetreten haben, können den Verdienst komplett behalten.

(Dr. Astrid Mannes [CDU/CSU]: Das ist doch super!)

Ja, wunderbar; dagegen sagen wir auch nichts. Aber ist das alles, was Ihnen in zwei Monaten einfällt? Das kann doch wohl nicht wahr sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Es wäre genug Zeit gewesen, das BAföG für alle vorübergehend zu öffnen, für die Studierenden, deren Nebenjob futsch ist.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Genau, BAföG für alle! Das ist eure Idee!)

Das haben wir vorgeschlagen, das beantragen wir heute auch hier im Haus, und von Gewerkschaften bis zur Hochschulrektorenkonferenz sind da viele auf unserer Seite. Das ginge übrigens schnell. Dieses Gesetzeswerk wäre kein Hexenwerk, das könnten wir heute hier mit den Änderungsanträgen beschließen. Man muss es nur wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus dem letzten Jahr sind 900 Millionen BAföG-Mittel übrig; die sind einfach an den Finanzminister zurückgeflossen. Das ist doch nicht bildungsgerecht!

Was macht die Bundesregierung? KfW-Studienkredite öffnen. Das ist ein Modell aus der Mottenkiste. Und wissen Sie, mit welchem Schuldenberg man dann nachher am Jobeinstieg steht? Das ist doch wirklich unglaublich. Das heißt, viele aus der Mittelschicht, die jetzt weder BAföG bekommen noch reiche Eltern haben und deren Studentenjob futsch ist, müssen sich jetzt entscheiden: entweder Schuldenfalle oder Studienabbruch aus Geldmangel. Das kann es wirklich nicht sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Dann stellen Sie noch den Nothilfefonds ins Schaufenster. Ja, den gibt es ja noch gar nicht; den müssen Sie jetzt noch verhandeln. Es ist völlig unklar, wie viele davon profitieren. Wann ist das Geld auf dem Konto? Im August? Das hilft doch in einer ganz konkreten Notlage nicht; das ist doch wirklich verheerend. Der Staatssekretär hat gestern im Ausschuss gesagt, er gehe davon aus, dass 66 000 davon profitierten. Wir haben 3 Millionen Studierende. Kann die SPD eigentlich noch rechnen?

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Wir können sehr gut rechnen!)

Sich damit zufriedenzugeben, das ist doch unterirdisch!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir scheint, dass SPD und Union die Lebensrealität junger Menschen im Land nicht mehr wahrnehmen. Sie arbeiten fieberhaft dafür, Einkaufszentren zu öffnen und die Fußballbundesliga starten zu lassen; aber es gibt keinen Rettungsschirm für Studierende, es gibt keinen Rettungsschirm für Bildung. Deshalb tragen Sie, Frau Karliczek und Herr Scholz als Finanzminister, die Verantwortung, wenn aus der Coronakrise jetzt eine Bildungskrise wird. Das ist wirklich traurig.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Die Länder haben doch auch noch Hilfefonds! Das ist doch nicht unser Problem!)

Wir sollten als Bundestag hier im nächsten Schritt etwas beschließen, was wirklich den Namen „Unterstützungspaket“ verdient. Denn das hier heute ist wirklich eine traurige Veranstaltung. Öffnen Sie das BAföG, und helfen Sie wirklich!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Staffler, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)