Rede von Markus Tressel Folgen der Corona-Pandemie im Gastgewerbe

Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

04.11.2020

Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die aktuelle Lage ist für viele Unternehmen, Selbstständige und Freiberuflerinnen und Freiberufler nicht nur ein riesiger Frustfaktor, sie ist auch tatsächlich existenzgefährdend. Dass die Betroffenen da draußen frustriert sind, hat weniger mit mangelnder Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahmen zu tun als viel mehr mit der Sprunghaftigkeit, die Sie, bei aller Notwendigkeit, zu handeln, an den Tag legen. Nur, damit kein falscher Eindruck entsteht: Die Bekämpfung der Pandemie durch die jetzt getroffenen Maßnahmen ist erforderlich, um nicht in eine noch tiefere Krise hineinzurutschen. Aber ich hätte schon erwartet, liebe Kollegin Hiller-Ohm, dass die Bundesregierung den Sommer nutzt, um sich und die Branche gut auf eine zweite Welle vorzubereiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Dass es mindestens das Risiko einer zweiten Welle gibt, das war schon vor Monaten ersichtlich. Jetzt werden mit heißer Nadel ein Hilfsprogramm und seine Ausführungsbestimmungen gestrickt; das kann man Ihnen schon vorwerfen. Wir haben heute im Ausschuss darüber diskutiert: Jetzt, wo die Läden schon geschlossen sind, fängt die Bundesregierung an, zu arbeiten.

(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das stimmt gar nicht!)

Es ist vielfach das Problem, dass Sie die Branche nicht mitnehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ja, die Novemberhilfe ist ein richtiger Schritt, aber Sie haben die Monate zuvor weitgehend ungenutzt verstreichen lassen. Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, sinnvolle, differenzierte Maßnahmen zu entwickeln und die Unterstützungsinstrumente für den Fall der Fälle klar zu haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Was wir jetzt bei den Hilfen erleben, ist auch eine Gefahr für die gesamte touristische Infrastruktur, für den gesamten Tourismusstandort Deutschland. Wenn in den Destinationen bei großen Teilen der Leistungserbringer die Lichter dauerhaft ausgehen werden, dann wird das nicht spurlos an unseren Städten und Gemeinden, an ganzen Destinationen in diesem Land vorübergehen. Das Mindeste, was Gastronomen, Hotellerie, aber auch Händler und Kulturtreibende jetzt erwarten können, ist, dass Hilfe rasch und tatsächlich bei allen Betroffenen ankommt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Deshalb – und das ist der Appell heute – erwarten wir jetzt Tempo von Ihnen. So schnell wie die Einschränkungen für Wirtschaft und Gesellschaft beschlossen wurden, so schnell muss jetzt auch die Hilfe fließen, nicht erst in ein paar Wochen oder in ein paar Monaten; denn dann werden viele von denen, die jetzt Hilfe brauchen, nicht mehr da sein. Jetzt brauchen wir einen Schutzschirm über die Gastronomie, über die Veranstaltungsbranche und über unsere Tourismuswirtschaft. Wir müssen Planungssicherheit geben: schnell, unbürokratisch, passgenau und vor allem über den November hinaus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die bisherigen Überbrückungshilfen müssen überarbeitet werden, damit Hilfe fließen kann und nicht in der Bürokratie stecken bleibt; es sind Milliarden im Bottleneck stecken geblieben. Unternehmen, gerade in der Tourismuswirtschaft, in der Hotellerie, fallen bei den gesetzten Grenzen durch das Raster. Das muss sich ändern. Auch ganz wichtig ist: Hören Sie auf, Unternehmerlohn für Soloselbstständige und Kleinstunternehmerinnen und Kleinstunternehmer zu blockieren, damit bei den Betroffenen wieder der nötigste persönliche Bedarf gedeckt werden kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn das alles nicht geschieht, dann ist Deutschland als Tourismusstandort, als Kultur-, aber auch als Tagungs- und Messestandort in großer Gefahr. Dies wäre die wirkliche Katastrophe weit über die betroffenen Unternehmen und die Pandemie hinaus; denn die Menschen wollen reisen, und sie werden wieder reisen. Dafür brauchen sie aber Gastgeber, sie brauchen die Tourismuswirtschaft, die Kulturtreibenden und viele mehr. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass es diese nach der Krise noch gibt.

Herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Tressel. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kerstin Vieregge, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Reinhard Houben [FDP]: Kann mal wieder Herr Lehrieder sprechen? Das war so nett!)