Rede von Kai Gehring Forschung und Innovation

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19.11.2020

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aktuell erleben wir alle, wie sehr Forschung und Innovation im Interesse der Menschheit und unseres Planeten liegen. Kluge Forschungs- und Innovationspolitik baut vor, sonst wird sie von der Realität überrollt.

Wir erleben eine wirklich außergewöhnliche Realität, eine Jahrhundertpandemie. Seit Monaten richten sich alle Augen auf die Wissenschaft. Sie forscht mit Hochdruck an Impfstoffen und Medikamenten. Wir können uns über drei Impfstoffkandidaten made in Germany freuen. Ich kann aber nicht erkennen, dass die Forschungsministerin klug vorgebaut hätte. Täglich sind wir damit konfrontiert, welche Forschungslücken zum Coronavirus noch bestehen, von der Erforschung von Übertragungswegen bis zu Präventionsstrategien. Warum lassen Sie diese Forschungslücken offen, Frau Forschungsministerin?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne fordern seit Monaten einen interdisziplinären, wissenschaftlichen Pandemierat, der Antworten auf offene Fragen liefert, Erkenntnisse bündelt, Maßnahmen monitort und Politik berät. Anstatt sich jede Woche in Pressegesprächen mit Topforschern zu sonnen, wäre der Pandemierat die richtige Antwort einer Bundesforschungsministerin auf die Coronakrise.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Uns sorgt, dass Sie die Hochschulen in dieser Krise offenbar komplett vergessen. Für die außeruniversitäre Forschung gibt es dieses Jahr 400 Millionen Euro mehr, damit Kooperationen mit der Wirtschaft aufrechterhalten werden. Gut so! Aber die Hochschulen schauen in die Röhre, obwohl auch hier herausragende Forschung stattfindet. Ebenso verhält es sich mit der Digitalisierung der Hochschulen. Vor Jahren hat Ihre eigene Expertenkommission Forschung und Innovation eine Digitalisierungspauschale vorgeschlagen. Wir haben sie beantragt. Im Lockdown hätten die Hochschulen diese Mittel so dringend gebraucht. Aber selbst während der Onlinesemester kommt da nichts von Frau Karliczek.

Wenn Sie die Herzkammer unseres Wissenschaftssystems weiter derart geringschätzen, untergraben Sie die Einheit von Forschung und Lehre. Die Hochschulen machen unser Land schlauer und kreativer und damit zukunftsfest.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dasselbe gilt beim wissenschaftlichen Nachwuchs. Der aktuelle „Hochschulreport“ des DGB zeigt die prekäre Lage: Vier von fünf wissenschaftlichen Stellen sind befristet, Überstunden und Unsicherheit sind an der Tagesordnung. Damit vergraulen Sie die klügsten Köpfe. Solche Zustände sind niemandem zuzumuten. Damit bleibt die Wissenschaft nicht konkurrenzfähig mit der Wirtschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Kluge Politik baut vor, Ministerin Karliczek leider nicht. Die Wissenschaft zehrt vielerorts längst von der Substanz. Statt moderner Forschungsbauten haben wir teils baufällige Hörsäle, in die es reinregnet und die digital, im Sinne der Klimaneutralität und energetisch nicht auf der Höhe der Zeit sind. Das ist wirklich nicht zukunftsgerecht! Denn Klimakrise, Artensterben und Ressourcenknappheit werden uns noch sehr lange beschäftigten, auch wenn Corona vielleicht längst kein Thema mehr ist.

Darum brauchen wir schon jetzt eine Forschungspolitik, die diese Krisen ernst nimmt und eine Green Economy gestaltet. Eine Forschungspolitik, die Krisen als Innovationstreiber für ein besseres und nachhaltigeres Leben für alle nutzt. Es kann uns gelingen, wenn wir es jetzt wirklich anpacken!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Andreas Steier, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)