Rede von Marlene Schönberger Forschung und Innovation

Marlene Schönberger MdB
01.03.2023

Marlene Schönberger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen der demokratischen Fraktionen! Ich würde mir wünschen, dass ich meine Rede nicht mit dem russischen Angriffskrieg beginnen müsste. Aber er ist das treffendste Beispiel für die Realität, die wir gerade erleben, nämlich eine tiefgreifende Auseinandersetzung zwischen autokratischen Regimen und liberalen Demokratien, zwischen Propaganda und Lügen auf der einen Seite und Fakten und Wissenschaft auf der anderen. Die Auswirkungen davon können wir überall dort beobachten, wo Verschwörungsideologien und Desinformation verbreitet werden: auf Demonstrationen, im Internet, leider auch hier im Parlament.

(Nicole Höchst [AfD]: Von Ihnen!)

Autokratien wie Russland unterstützen rechtsradikale Bewegungen. Sie versuchen, die Stimmung zu vergiften, unsere Gesellschaft zu spalten, Wahlen zu manipulieren. Sie wollen Demokratien destabilisieren, und teilweise ist es ihnen auch schon gelungen. Wir haben das erkannt. Aber nicht immer haben wir wissenschaftlich fundierte Antworten auf all diese Bedrohungen. Mit der Zukunftsstrategie stärken wir die Forschung zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir machen Menschen resilient und unsere Demokratie wehrhaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, antisemitische Vorfälle, Rassismus und Queerfeindlichkeit sind allgegenwärtig.

(Enrico Komning [AfD]: Was ist denn „Queerfeindlichkeit“? Was ist denn „queer“ überhaupt?)

Trotzdem: Forschung zur Situation der Betroffenen gibt es bisher viel zu wenig. Das liegt auch daran, dass Wissenschaft in Deutschland nicht besonders divers ist. Junge, Schwarze, queere

(Enrico Komning [AfD]: Was sind denn „queere“?)

oder jüdische Professorinnen und Professoren oder Institutsleiter/-innen sucht man oft vergebens, Frauen sind massiv unterrepräsentiert.

Ich würde gerne sagen: Vielfalt ist unsere Stärke. Aber das stimmt noch nicht, vielleicht sogar im Gegenteil: Fehlende Vielfalt ist unsere Schwäche. Wir müssen bisher marginalisierte Perspektiven stärken und fördern,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Forschende, die von Diskriminierung betroffen sind, besser schützen und somit unser Wissen erweitern, zum Beispiel über gegenwärtiges jüdisches Leben, über die postmigrantische Gesellschaft, über die Situation queerer Menschen oder alleinerziehende Mütter. Dazu kommt: Wenn wir wollen, dass sich junge Menschen für eine Karriere in der Wissenschaft entscheiden, müssen wir attraktive Arbeitsbedingungen schaffen.

Derzeit ist akademisches Forschen und Lehren besonders im Bereich der Geisteswissenschaften oft prekär.

(Enrico Komning [AfD]: Ja, das sieht man!)

Wir brauchen sichere Jobs, ein angemessenes Gehalt, motivierende Karriere- und Aufstiegschancen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Exzellente Wissenschaft entsteht nicht da, wo steife Machtstrukturen und Privilegien verstetigt werden, sondern da, wo die klügsten Köpfe zusammenkommen. Die Zukunftsstrategie ist dafür eine gute Grundlage. Jetzt werden wir gemeinsam weitere Schritte gehen, damit nicht das vermeintlich richtige Elternhaus, sondern die besten Ideen gewinnen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächste Rednerin ist Dr. Ingeborg Gräßle für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)