Rede von Dr. Franziska Brantner Fortsetzung des SEA GUARDIAN-Einsatzes

12.12.2017

Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich voranstellen, dass wir für jedes Menschenleben, das unsere Soldatinnen und Soldaten retten, sehr dankbar sind. Das ändert aber nichts daran, dass wir eine zivile Seenotrettung brauchen, weil es eigentlich Aufgabe der zivilen Kräfte ist, Seenotrettung vorzunehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir hier über Seenotrettung und permanent über Libyen sprechen, dann wundere ich mich doch und frage mich, ob wir wirklich über das richtige Mandat reden;

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

schließlich ist doch hier nicht EUNAVFOR MED Operation Sophia auf der Tagesordnung, sondern Sea Guardian. Aber die permanente Diskussion über Libyen zeigt eines der Probleme beim Mandat Sea Guardian auf: Sea Guardian soll EUNAVFOR MED Operation Sophia unterstützen. Aber was genau ist eigentlich der Unterschied? Was genau soll Sea Guardian im Unterschied zu EUNAVFOR MED machen? Wo ist der Unterschied zwischen diesen zwei Mandaten? Das ist absolut nicht klar, und das ist einer unserer Hauptkritikpunkte an dem vorliegenden Mandat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zweite Kritikpunkt, den wir haben, ist: Wenn man die Frage stellt, welchen Zweck die Mission Sea Guardian wirklich erfüllt, dann lässt sich im vorliegenden Mandat keine konkrete Antwort finden. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz sieht in Artikel 3 Absatz 2 aber vor, dass wir Abgeordnete genau darüber informiert werden, was Sie abstimmen. Das vorliegende Mandat ist so schwammig formuliert, dass überhaupt nicht klar wird, welchen Auftrag die Soldatinnen und Soldaten haben. Sie könnten mit diesem Mandat genauso gut schon EUNAVFOR MED Operation Sophia oder UNIFIL abgestimmt haben. Mehrere Mandate werden durch dieses eine Mandat abgedeckt. Es ist so unpräzise, dass es unseren Ansprüchen an eine Parlamentsarmee nicht genügt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt die Möglichkeit, das Personal aller Anrainerstaaten im Mittelmeer auszubilden. Was Libyen angeht, haben wir unsere Kritik schon geäußert. Aber wir sehen auch, dass sich Ägypten weit von der Einhaltung der Menschenrechte wegentwickelt. In diesem Land werden zum Beispiel alleinerziehende Mütter, die darauf beharren, dass es normal ist, alleinerziehend zu sein, ins Gefängnis gesteckt. So sieht momentan die Menschenrechtslage in Ägypten aus. Auf der Sinai-Halbinsel wird zudem brutal gegen Menschenrechtsaktivisten vorgegangen. Daher ist Ägypten für uns kein Partner, wenn es um Sea Guardian geht. Welche Kriterien ein Partner zu erfüllen hat, wird im Mandat überhaupt nicht definiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da es also gravierende Mängel gibt, können wir dem Mandat nicht zustimmen.

Erlauben Sie mir, Herr Nolte, eine Frage an Sie zu richten. Sie haben gesagt, deutsche Soldaten sollten vor der Haustür für Recht und Ordnung sorgen. Was soll das bedeuten? Meinen Sie damit Einsätze in Frankreich, Polen oder sogar im Innern? Das, was Sie zur Definition deutscher Politik vortragen, ist doch absurd und hat mit einer europäischen Verantwortlichkeit gar nichts mehr zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)