Rede von Merle Spellerberg Fortsetzung MINUSMA-Einsatz in Mali

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20.05.2022

Merle Spellerberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleg/-innen! Vor wenigen Wochen durfte ich die Außenministerin auf ihrer Reise nach Mali und Niger begleiten. Eines haben meine Kolleg/-innen dort immer wieder gehört: Sicherheit; wir brauchen Sicherheit. Von der Regisseurin in Bamako: Sicherheit. Von der Schriftstellerin: Sicherheit. Von der zivilgesellschaftlichen Aktivistin in Gao: Sicherheit. – Die Frauen, die ich treffen durfte, wollen und brauchen Sicherheit beim Ausüben ihres Berufes, beim Einkaufen, auf dem Weg zum Brunnen.

Dass Sicherheit kein ausschließlich militärisches Konzept ist, das diskutieren wir hier im Hause seit Wochen, seit Monaten. Aber wenn die Frauen, die ich unter anderem in Gao treffen durfte, eins deutlich gemacht haben, dann ist es Folgendes: Es ist schwer, sich sicher zu fühlen, wenn die Welt um einen herum von Terror, von Organisierter Kriminalität bestimmt ist. Die Sicherheit der Frauen, der Männer, der Kinder, aller Menschen in Mali wiederherzustellen, das ist unser Interesse.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und das ist das Mandat, das wir der Bundeswehr für die UN-Mission MINUSMA erteilen wollen. Unser Engagement soll weiter zur Stabilisierung des Landes beitragen. Wir wollen helfen, den Frieden zu wahren und Menschenrechte zu schützen.

Das tun wir nicht kritiklos, um die malische Regierung zu schützen. Den Militärputsch verurteilen wir. Der Transitionsprozess hin zur demokratischen Ordnung muss weitergehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber in meinen Gesprächen mit Menschen in Mali ist klar geworden, dass demokratische Wahlen, dass Kritik an dem Militärputsch nicht ganz oben auf ihrer Agenda stehen. Das nämlich ist und bleibt vorerst Sicherheit. Das hören wir, und das nehmen wir ernst. Deshalb ist der wichtigste deutsche Auftrag in Mali die Umsetzung des Friedensabkommens und die Wahrung der Menschenrechte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Unsere Soldat/-innen, denen unser großer Dank gilt, unterstützen die Einhaltung der Waffenruhe. Wir fördern vertrauensbildende Maßnahmen und helfen, die staatliche Integrität wiederherzustellen. In einem Land, das von Terror und organisierter Gewalt geplagt ist, das höchst fragil ist, braucht es diese staatlichen Strukturen umso mehr. Die UN-Mission will kriminellen und terroristischen Netzwerken in der Region dadurch den Nährboden entziehen. So schaffen wir wichtigen Raum für die Arbeit von zivilem Personal, für UN-Personal, für humanitäre Hilfe, die dringend dort ankommen muss, wo sie gebraucht wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist also der Grundgedanke dieses Einsatzes.

Dieses Mandat ist ein Zeichen für neue Verantwortung, eine Antwort auf geostrategische Herausforderungen. Wenn die französischen Truppen sich im Spätsommer aus Mali zurückziehen, dann sind wir dort der größte Truppensteller aus dem Globalen Norden. Mit 300 neuen Soldat/-innen schließen wir die Lücke, die die Franzosen hinterlassen, gerade bei der Rettungskette und dem Betrieb des Flughafens. Wir haben die benötigten Transporthubschrauber und die benötigten Drohnen. Diese sind bei der Umsetzung des Mandates praktisch nicht ersetzbar. Natürlich bedeutet der Aufwuchs gleichzeitig eine enorm gewachsene Verantwortung. Diese tragen wir, für die Menschen in Mali, aber auch für unsere Soldat/-innen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was wir nicht haben – das gehört zur Ehrlichkeit dazu –, sind Kampfhubschrauber, und die werden fehlen, wenn die Franzosen abziehen. Das birgt Risiken; denn ohne die Luftnahunterstützung sind unsere Soldatinnen und Soldaten höherer Gefahr ausgesetzt. Gerade deshalb ist die Bundesregierung im engen Austausch mit unseren Partner/-innen, um diese Fähigkeiten zu ersetzen; nur so können wir den Schutz durchgängig gewährleisten. Und auch deshalb haben wir eine Ausstiegsklausel im Mandat: um einen vollen Abzug zu ermöglichen, wenn die Sicherheitslage nichts anderes mehr erlaubt.

Natürlich muss ein deutscher Beitrag zu MINUSMA auch im Kontext der anderen Akteure in Mali gesehen werden. Wir wissen, dass russische Kräfte der „Gruppe Wagner“ vor Ort sind. Wir wissen, dass sie schwere Menschenrechtsverstöße begehen und dass die Militärjunta mit ihnen zusammenarbeitet. Wir wissen auch, dass diese Zusammenarbeit zugenommen hat. Die gezielten russischen Desinformationskampagnen, mit denen versucht wird, unseren französischen Partnern Kriegsverbrechen anzuhängen, können und werden wir nicht akzeptieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch deshalb sollten wir alles dafür tun, jetzt nicht zu weichen. Für die Weltgemeinschaft ist es ein Anliegen, die Länder im Sahel zu stabilisieren und nicht der russischen Propaganda zu überlassen. Malis Regierung ist dabei, sich in russischem geostrategischem Kalkül zu verfangen. Darunter wird am Ende die Zivilgesellschaft leiden. Auch das hat die Außenministerin auf unserer Reise deutlich gemacht.

Um auf die Zivilgesellschaft zurückzukommen: Ich möchte mich für die Frauen in Gao, die Menschen in Mali einsetzen, die gerade in Unsicherheit leben. Denn nur – und darum geht es am Ende – aus Sicherheit heraus kann sich Stabilität für demokratische Wahlen entwickeln, nur aus Sicherheit heraus kann sich Freiheit entwickeln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir hierzu beitragen können, dann sollten wir das tun, und das können wir durch die Beteiligung der Bundeswehr an MINUSMA. Deswegen, liebe Kolleg/-innen, empfehle ich, dieses Mandat zu unterstützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Johann Wadephul.

(Beifall bei der CDU/CSU)