Rede von Agnieszka Brugger Fortsetzung MINUSMA-Einsatz Mali

26.04.2018

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Eingreifen Frankreichs und später dann auch der internationalen Gemeinschaft hat 2013 verhindert, dass Mali in die Hände der Islamisten gefallen ist.

(Ulrich Lechte [FDP]: Korrekt!)

Unter Vermittlung und auch auf Druck der Vereinten Nationen kam anschließend ein politischer Prozess in Gang, der mit dem Friedensabkommen von 2015 geendet hat.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Alles richtig!)

Wenn wir hier ehrlich diskutieren wollen, dann gehört zu einer ehrlichen Bilanz also auch die Feststellung, dass ohne die Vereinten Nationen und ohne die VN-Friedensmission, die wir heute beraten, die Lage in Mali weitaus schlimmer wäre. Das wollen wir uns alle gar nicht vorstellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Ulrich Lechte [FDP]: Wunderbar!)

Wir Grüne haben die Anträge der Bundesregierung zu diesen Mandaten, bei denen die Bundeswehr einen sehr relevanten Beitrag für das Engagement der Vereinten Nationen leistet, daher in der Vergangenheit immer mit großer Mehrheit mitgetragen. Wir haben das übrigens getan, ohne die Gefahren klein- und die Situation in Mali schönzureden.

Ja, der Einsatz ist hochgefährlich. Im letzten Jahr gab es über 140 Angriffe auf MINUSMA. Seit Beginn der Mission sind mehr als 160 Blauhelmsoldaten gestorben. Unter ihnen sind auch die zwei deutschen Hubschrauberpiloten, die letztes Jahr tragisch abgestürzt sind. Wir warten immer noch auf den dazugehörigen Abschlussbericht aus dem Ministerium. Wir gedenken ihrer heute und drücken noch einmal unsere Anteilnahme gegenüber ihren Familien und Freunden, die mit dem Verlust leben müssen, aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Aber gerade weil dieser Einsatz so gefährlich ist, haben, glaube ich, viele Fraktionen, auch wir Grüne, im Verteidigungsausschuss besonders darauf gedrängt, dass wirklich sichergestellt ist, dass auch nach dem Abzug der deutschen Hubschrauber die Rettungskette steht. Ich verlasse mich da auf die Aussagen aus dem Verteidigungsministerium. Gerade weil dieser Einsatz so gefährlich ist, wollen wir allen Menschen danken, egal ob das die Soldatin, der Polizist oder der zivile Experte ist, die sich unter diesen schwierigen Bedingungen in Mali für eine bessere Zukunft engagieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Militäreinsätze lassen sich aber nicht allein durch die Vergangenheit begründen und rechtfertigen, sondern es braucht auch immer eine Erfolgsperspektive für die Zukunft. Zu einer ehrlichen Bilanz dieses Einsatzes gehört also auch die Feststellung, dass die vielen Punkte des Friedensabkommens, die man eigentlich innerhalb von zwei Jahren umsetzen wollte, von der Realisierung noch weit entfernt sind – egal ob es um den gesellschaftlichen Versöhnungsprozess, die Autonomie und Entwicklung in Malis Norden, die Reform des Sicherheitssektors oder die Entwaffnung und Integration von Rebellen geht.

Herr Kollege Nolte, das sind übrigens die Ziele, die Sie gerade hier eingefordert haben. Wir erinnern uns, glaube ich, alle daran, wie Sie hier schon einmal standen und EUNAVFOR MED und Sea Guardian durcheinandergebracht haben. Ihre kruden Afghanistan-Mali-Vergleiche passen da genau ins Bild.

Ich war sehr oft in Mali und habe mit vielen Soldatinnen und Soldaten auch über die Probleme dieses Einsatzes gesprochen. Aber dass Sie von der AfD sich hier hinstellen und sich anmaßen, für die Soldatinnen und Soldaten zu sprechen,

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Richtig!)

finde nicht nur ich, nicht nur viele Soldatinnen und Soldaten, sondern finden auch ganz viele Kollegen und Kolleginnen hier in diesem Parlament einfach unerträglich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, die Sicherheitslage in Mali hat sich verschlechtert; die Gewalt hat sich mittlerweile auch in Richtung Zentral- und Südmali ausgedehnt. Es kommt zu immer komplexeren Angriffen wie neulich erst in Timbuktu.

Wir Grüne werden das Mandat auch dieses Mal mittragen. Wir tun das aber mit einer deutlichen Kritik an der Bundesregierung. Man fragt sich schon, wie es sein kann, dass Sie hier immer wieder beschönigende Reden halten und die Verlängerung des Mandats dabei ein bloßes Weiter-so ist. Der Premierminister von Frankreich hat zum Beispiel sehr klar gemacht, dass, wenn die Konfliktparteien – er meint damit die malische Regierung ebenso wie die Rebellengruppen – ihre Blockadehaltung gegenüber dem Friedensprozess nicht endlich aufgeben, es ein Ende des Engagements geben wird.

Ich denke hierbei an die Rede von Ursula von der Leyen bei der Einbringung des Antrags auf Verlängerung des Mandats. Sie hat gesagt, bei der malischen Regierung sei noch Luft nach oben. Das wirkt doch reichlich hilflos. Die Bundesregierung braucht hier eine klare Haltung. Sie muss die entsprechenden Konsequenzen und Lehren ziehen und deutliche Worte gegenüber der malischen Regierung finden, damit der Friedensprozess nicht zum Erliegen kommt und nicht in einer Sackgasse landet, sondern eine Chance hat. Das erwarten wir von Ihnen, wenn Sie wollen, dass wir dem Mandat auch weiterhin zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)