Rede von Omid Nouripour Fortsetzung UNIFIL-Einsatz Libanon
Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! UNIFIL operiert auf Wunsch von Israel im Libanon. Wir erinnern uns sehr gut, dass UNIFIL im Jahr 2006 einen Krieg hat beenden können. Deshalb wird meine Fraktion diesem Einsatz zustimmen.
Es ist erfreulich, zu sehen, dass es jetzt eine ausgehandelte Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas gibt. Wir hoffen sehr, dass diese Waffenruhe hält, im vollen Wissen, dass der Status quo nicht haltbar ist und sehr viel mehr passieren muss, damit wir eine belastbare Friedenslösung bekommen. Aber wir sehen gleichzeitig ja auch, dass der Beschuss des Staates Israel eben nicht nur aus Gaza kam, sondern auch aus Libanon, und zwar von der Hisbollah, einer Terrororganisation, die bis zu 200 000 Raketen oder auch mehr hat und von der wir wissen, dass sie auch immense Unterstützung vom Iran bekommt. Auch deswegen ist es notwendig, sich dort zu engagieren, damit der Konflikt zwischen dem Staat Libanon und dem Staat Israel nicht weiter eskaliert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Allerdings gibt es nicht nur die Bedrohung Israels, die von der Hisbollah ausgeht, und die aggressive Regionalpolitik der Hisbollah im Einklang mit dem Iran, beispielsweise in Syrien, sondern die Hisbollah hält auch die eigene Bevölkerung als Geisel. An ganz vielen Dimensionen sieht man das, beispielsweise daran, dass sie nicht alleine, aber maßgeblich derzeit dazu beitragen, dass die Regierungsbildung im Lande verunmöglicht wird.
Ein Symbol dieses Würgegriffs der Hisbollah der eigenen Bevölkerung gegenüber war der Künstler Lokman Slim, den ich mehrfach treffen durfte, der, selbst aus dem Süden Beiruts kommend, seit Jahren die Missstände mit künstlerischen Aktionen anprangerte, mit lauter und unglaublich mutiger Stimme immer wieder darauf hinwies, welche Verbrechen die Hisbollah an den Menschen im Libanon begeht. Lokman Slim wurde am 4. Februar erschossen. Er war 58 Jahre alt. Ruhe er in Frieden. Ich finde, seiner Familie, seiner Frau schulden wir wenigstens einen klaren Aufruf und eine klare Forderung nach einer unabhängigen Aufklärung dieses Mordes; denn dass es Gerechtigkeit gibt, ist das Mindeste, was wir an dieser Stelle von der Justiz einfordern müssen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Christian Sauter [FDP])
Aber es gibt viele andere Symbole in diesem Land. Es ist gerade auch vom Staatsminister dankenswerterweise darauf hingewiesen worden, dass das Symbol dafür, dass das Land am Abgrund steht, der Hafen von Beirut ist. Wirtschaftlich ist er unglaublich wichtig. Aber auch diese Explosion ist weit davon entfernt, aufgeklärt zu werden. Wir haben eine feste Vorstellung, wir wissen aber nicht hundertprozentig, wie es kommen konnte, dass so viele verschiedene Stellen im Staat versagt haben, dass die Chemikalien dort einfach so lange liegen bleiben konnten, bis es zur Katastrophe kam.
Der Libanon ist politisch und wirtschaftlich am Abgrund: 40 Prozent Arbeitslosigkeit, 85 Prozent und mehr Währungsverfall. 90 Prozent der über 1 Million syrischen Flüchtlinge brauchen humanitäre Hilfe, 75 Prozent der gesamten Bevölkerung. Auch Covid grassiert auf dramatische Art und Weise. In dieser multiplen Krise, bei all dem Versagen der politischen Eliten des Landes, ist es notwendig, alles dafür zu tun, dass das Vertrauen der Menschen in die Staatlichkeit wächst. UNIFIL leistet auch mit der Ausbildungsmission einen wesentlichen Beitrag dazu. Das ist eine ganz schwierige und langwierige Mission. Deswegen aber, weil Libanon genau diesen Staatsaufbau braucht und weil die Menschen verdient haben, dass wir ihnen beistehen, damit sie ihr Vertrauen in ihre Staatlichkeit auch zurückgewinnen können, ist diese Mission wichtig, und wir stimmen ihr zu.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Christoph Matschie [SPD])
Vizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat der Kollege Markus Grübel für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)