Rede von Sara Nanni Fortsetzung UNMISS-Einsatz im Südsudan

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18.03.2022

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen heute über den Einsatz von bis zu 50 deutschen Soldatinnen und Soldaten in der VN-Mission UNMISS ab. Diese Mission ist mit fast 18 000 militärischen und zivilen Kräften die umfangreichste Mission der Vereinten Nationen weltweit. Am meisten Personal entsenden Ruanda, Indien, Nepal, Bangladesch und Äthiopien. Seit Beginn des VN-Mandats im Jahr 2011 sind 103 Entsandte im Einsatz gefallen. Ihrer gedenken wir.

Aus Deutschland sind in der Regel circa ein Dutzend Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Für Deutschland ist es also eher einer der kleineren, wenn nicht der kleinste Einsatz im Rahmen der VN. Die Bundeswehr entsendet Expertinnen und Experten zur Wahrnehmung von diversen Aufgaben im Bereich Beratung, Beobachtung, Unterstützung. Sie tragen auch dazu bei, dass das Friedensabkommen von 2018 umgesetzt werden kann. Und seit Beginn der Pandemie tun sie dies unter nochmals erschwerten Bedingungen. Sie tun dies aber vor allem in einem sicherheitspolitisch extrem angespannten Umfeld. Erst Ende Februar wurde zum Beispiel ein Hilfskonvoi der VN von Unbekannten attackiert.

Den vielen Menschen, die aus der ganzen Welt in diesem Einsatz dienen, und insbesondere den deutschen Soldatinnen und Soldaten und den zivilen Kräften vor Ort gilt unser Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Lage im Südsudan ist auch zwei Jahre nach der Bildung einer neuen Übergangsregierung extrem angespannt. Wesentliche Herausforderungen, die man durch die Vereinbarung im Friedensabkommen gemeinsam meistern wollte, werden nach wie vor von konkurrierenden Teilen innerhalb der Übergangsregierung nicht wesentlich vorangetrieben: Die Integration der Streitkräfte läuft schleppend. Die Arbeit im neueröffneten Parlament ist noch nicht richtig auf die Schiene gekommen. Und auch bei der vereinbarten Übergangsjustiz hakt es. – Große Fortschritte sind nicht in Sicht, und auch die im nächsten Jahr geplanten Wahlen sind noch nicht gut vorbereitet.

Die Gewalt im Land dauert an. Der Friedensvertrag hat noch nicht die politische Einigkeit gebracht, die das Land braucht. Umso wichtiger ist es, dass internationale Kräfte darum bemüht sind, vor Ort für das Wesentliche zu sorgen: Schutz der Zivilbevölkerung, eine Absicherung der dringend benötigten humanitären Hilfe, die Überwachung der Menschenrechte und die Unterstützung bei der Umsetzung des Friedensprozesses. Insbesondere bei der Prävention und Bekämpfung von sexualisierter und genderbasierter Gewalt spielt die VN-Mission eine wichtige Rolle.

Wir haben diesem Einsatz als Grüne in der Vergangenheit auch aus der Opposition immer zugestimmt, weil der Beitrag Deutschlands in diesem schwierigen Umfeld von besonderer Bedeutung ist. Dieser Beitrag beinhaltet das Mandat der Bundeswehr – und darüber stimmen wir ja heute ab –, aber auch die Hilfe, die Deutschland dem Land darüber hinaus zukommen lässt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Sicherheit und Frieden, Entwicklung und Menschenrechte – das gehört zusammen. Und entsprechend breit muss auch der deutsche Beitrag in der Welt und eben auch im Südsudan sein.

Die Geschichte des Unfriedens im Südsudan ist eine Geschichte, die auch eng mit der europäischen Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents verknüpft ist. Die gewaltvollen Auseinandersetzungen der letzten Jahre und Jahrzehnte haben tiefe Narben bei dieser jungen Gesellschaft im jüngsten Staat der Welt hinterlassen, die sich durch militärische Beratung allein nicht heilen lassen. Hinzu kommen Herausforderungen wie die Klimakrise, die schon heute neue Ressourcenknappheiten schafft, was wiederum Konflikte verschärft oder sogar neue entfacht.

Der Südsudan ist wie kaum eine andere Gesellschaft von der Dauerhaftigkeit der Gewalt geprägt. Das macht was mit dem Land. Das macht was mit den Menschen, die darin leben. Das macht auch was mit dem Boden, auf dem sie leben, der, wie im Falle des Südsudans, in vielen Gebieten durchsetzt ist von Landminen und deswegen an diesen Stellen gar nicht beackert wird, an anderen Stellen nicht dauerhaft oder ausgiebig, weil alles, was man nicht selbst nutzt, Gefahr läuft, doch geraubt zu werden. Aus dieser Kriegsgesellschaft herauszuwachsen, das kann nicht von einem Tag auf den anderen gelingen. Deswegen ist es wichtig, dass die internationale Gemeinschaft und auch wir als Bundesrepublik ausdauernd bleiben in unserem Engagement:

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

militärisch, humanitär, zivil und politisch.

Die Ernteausfälle der letzten Monate haben eine dramatische Ernährungssituation mit sich gebracht. Sollte durch den Krieg in der Ukraine der Preisdruck auf Getreide weiter steigen, sind es Länder wie der Südsudan, die vermehrt auf Unterstützung angewiesen sein werden. Gerade im Südsudan gilt: Jeder kleine Schritt ist ein wichtiger Schritt, seien es die Errichtung von Safe Houses für Frauen oder die Konfliktbeilegung in Dörfern, die zu einer akuten Verbesserung der Lebenssituation der Menschen beitragen können. All das braucht internationale Präsenz, und ja, auch die der deutschen Streitkräfte.

In den letzten zwei Wochen, liebe Damen und Herren, ist viel Dynamik in die Frage gekommen: Wozu Streitkräfte? Es wurde auch die Sorge formuliert, Deutschland könnte sich nun so sehr der Landes- und Bündnisverteidigung widmen, dass wenig Kapazitäten blieben, um sich weiter in wichtigen Missionen wie der im Südsudan zu engagieren. Ich möchte der Staatssekretärin Möller herzlich danken, dass sie stellvertretend für die Ministerin in dieser Woche im Verteidigungsausschuss klargemacht hat, dass diese Sorge unberechtigt ist. Deutschland bleibt den VN‑Einsätzen treu.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Meine Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird diesem Einsatz zustimmen, und ich bitte Sie alle darum, das auch zu tun. Die Menschen im Südsudan haben verdient, dass wir dranbleiben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt Jürgen Hardt das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)