Rede von Katja Keul Fortsetzung UNMISS-Einsatz im Südsudan

Foto von Katja Keul MdB
03.03.2023

Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Katja Leikert, zunächst einmal möchte ich meiner Namensschwester und Vorrednerin herzlich zum heutigen Geburtstag gratulieren.

(Beifall)

Zur Sache. Seit der letzten Aussprache in diesem Haus zur Verlängerung von UNMISS gab es leider wenig Anlass zu Optimismus. Die Ernährungskrise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine traf keine Region so schwer wie Ostafrika. Die Menschen im Südsudan sind weiterhin schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Kurz vor meinem Besuch im Südsudan im letzten April hat die Menschenrechtskommission einen erschütternden Bericht über das Ausmaß geschlechtsbezogener und sexualisierter Gewalt veröffentlicht. Frauenorganisationen vor Ort bestätigten mir im Gespräch diese geradezu endemische Gewalt und die nahezu universale Straflosigkeit im Land. Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels wie massive Überschwemmungen und lokale Dürren.

Für 2023 gehen die Vereinten Nationen davon aus, dass rund drei Viertel der etwa 12 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner auf humanitäre Hilfe angewiesen bleiben werden. Doch gerade die humanitären Helfer werden selbst Opfer der grassierenden Gewalt. Dabei wäre es eigentlich Aufgabe der Regierung, sich für den Schutz und die Versorgung der Bevölkerung einzusetzen.

In kaum einem anderen Land überlagern sich Klimakrise, Bürgerkrieg, Hunger und Gewalt dermaßen wie im Südsudan. Dabei herrschte 2011 doch so eine große Hoffnung, als das jüngste Land Afrikas seine Unabhängigkeit erlangte. Doch schon 2013 eskalierten die internen Konflikte zu einem grausamen Bürgerkrieg. Während meines Besuchs hörte ich mehrfach sinngemäß: Was wir uns in diesem Land gegenseitig antun, hat uns früher der gemeinsame Feind nicht angetan.

Mit dem Friedensabkommen von 2018 sollten die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem jetzigen Präsidenten Salva Kiir und seinem Vizepräsidenten Riek Machar beendet werden. Dieses Abkommen muss endlich umgesetzt werden, damit die Menschen im Südsudan wieder eine Perspektive haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Katja Leikert [CDU/CSU])

Doch die Integration der Milizen in die vereinigten Sicherheitskräfte verläuft nach wie vor äußerst schleppend.

Sehr geehrte Damen und Herren, internationale Friedenseinsätze und die deutsche Beteiligung an ihnen sind keine Selbstverständlichkeit. Erneut sind wir gefragt, eine Abwägung vorzunehmen: Sind wir weiterhin überzeugt, dass die Mission einen Unterschied macht? Ist es vertretbar, unsere Soldatinnen und Soldaten in diesen Einsatz zu schicken? Die Antwort ist eindeutig: Ja. Gerade jetzt dürfen wir uns nicht auf Schauplätze in Europa zurückziehen, sondern müssen weiter Verantwortung im Rahmen der Vereinten Nationen übernehmen. Die aktuell 14 deutschen Blauhelme besetzen zentrale Dienstposten in den Stäben oder leisten ihren Beitrag als Militärbeobachter/-innen. Das ist auch wichtig; denn die nunmehr für Ende 2024 geplanten Wahlen benötigen ein Minimum an Sicherheit und funktionierenden Institutionen. Das alles ist im Moment nicht gegeben. Die Regierung Südsudans ermöglicht ihren Bürgerinnen und Bürgern nach wie vor kein Leben in Frieden und Freiheit.

Meine Damen und Herren, UNMISS ist die größte Friedensmission der Vereinten Nationen und spielt für den Schutz der Zivilbevölkerung, die Sicherung der humanitären Hilfe und die Umsetzung des Friedensprozesses eine essenzielle Rolle. Das aktuelle Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen endet am 15. März, von einer erneuten Verlängerung ist auszugehen.

Gemeinsam mit unseren Partnern halten wir die südsudanesische Regierung nachdrücklich dazu an, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und den Friedensprozess voranzutreiben. Gleichzeitig stehen wir der Bevölkerung zur Seite: durch humanitäre Hilfe, Stabilisierungsmaßnahmen und Entwicklungszusammenarbeit in dreistelliger Millionenhöhe. Unsere zivile Unterstützung ist hier weit größer als unser militärischer Beitrag. Die Personalobergrenze für die militärische Beteiligung an UNMISS soll weiter unverändert bei 50 liegen, auch wenn diese derzeit nicht voll ausgeschöpft wird. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, allen Soldatinnen und Soldaten sowie allen zivilen Helfern zu danken, die sich unter diesen schwierigen Umständen für die Menschen im Land einsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Seit 2011 hat dieser Einsatz stets eine große fraktionsübergreifende Unterstützung gefunden, und ich hoffe, das wird auch diesmal so sein.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Abgeordnete Joachim Wundrak für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)