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13.02.2020

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt keinen besseren Zeitpunkt, über die Stärkung der Friedensforschung zu sprechen, als heute. Die Debatte ist so notwendig wie lange nicht mehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Grundsätze des Multilateralismus sind von Nationalisten und Politkraftprotzen wie Trump, Putin und Bolsonaro weltweit infrage gestellt.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das ist ja ein Vergleich!)

Die Klimakrise zerstört vielerorts Lebensgrundlagen und Heimat und heizt damit bewaffnete Konflikte an. Autonome Waffensysteme ermöglichen eine Kriegsführung, die sich immer mehr der menschlichen Kontrolle entzieht.

In solchen Zeiten braucht deutsche Außenpolitik einen klaren Kompass: wertegeleitet und wissenschaftsgeleitet. Darum sagen wir Grünen im Bundestag: Stärken wir die Friedensforschung und hören wir stärker auf ihre Erkenntnisse!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Wissenschaftsrat hat umfassende Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Friedens- und Konfliktforschung vorgelegt. Hierzulande wird Forschung für den Frieden auf Spitzenniveau betrieben. Der Wissenschaftsrat macht aber auch klar:

Erstens. Politisch müssen bessere Rahmenbedingungen für Forschung in diesem Feld gesetzt werden. Dafür sind wesentlich wir auf Bundesebene zuständig; denn wir prägen ja auch die Grundsätze der Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik.

Zweitens. Der Austausch von Wissenschaft und Politik muss dringend enger werden. Nicht nur Kabinettsmitglied Karliczek, auch Maas, Müller und Kramp-Karrenbauer sollten das Werk des Wissenschaftsrates studieren. Machen Sie die Türen für Impulse aus der Friedensforschung weiter auf!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was tut aus unserer Sicht dringend not? Wir wollen Forschung zu Folgen der Klimakrise für gewaltsame Konflikte stärken. Die Erdüberhitzung muss allein schon aus friedens- und sicherheitspolitischen Gründen begrenzt werden. Und es braucht dringend Frühwarnsysteme, um Menschen zu helfen, bevor es zu spät ist.

Friedensforschung hilft, Konflikte beizulegen, bevor Gewalt ausbricht. Die Erforschung von Konfliktursachen ist essenziell für die zivile Krisenprävention, die uns so wichtig ist. Nur wenn wir Gesellschaften und Konflikte verstehen, können wir anderswo Rechtsstaatlichkeit und Entwicklung fördern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU])

Wir müssen neben Gesellschaftswissenschaften auch die naturwissenschaftliche und technische Friedensforschung stärken. Wir haben es mit neuen Waffensystemen zu tun. Zugleich bleiben Atom- und Chemiewaffen ganz große Gefahren. Für effektive Kontrolle und Abrüstung brauchen wir die richtige Expertise in unseren Forschungseinrichtungen.

Wir wollen Forschung zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Extremismus und Deradikalisierung ausbauen. Konfliktforscher warnen seit Jahren vor Gefahren durch rechtsextreme Netzwerke. Unsere Behörden müssen diese wissenschaftlichen Warnungen dringend ernster nehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir wollen auch die europäische und internationale Vernetzung der Friedensforschung voranbringen. Wenn man diese globalen Probleme lösen will, dann müssen das die klügsten Köpfe gemeinsam bewältigen.

Und wir wollen Europa in seiner Rolle als Friedensmacht auch in der Forschung stärken. Einen EU-Fonds für Verteidigungsforschung gibt es bereits; für die Friedensforschung wäre das umso wichtiger. Das wäre ein starkes Signal, das die Bundesregierung in Brüssel setzen muss, gern auch zu Zeiten der eigenen, deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Das wäre ein wichtiges Projekt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ergebnisse der Friedens- und Konfliktforschung rütteln regelmäßig auf. Wissenschaft kann politische Entscheidungen natürlich nicht ersetzen, aber sie ist ein ganz, ganz wichtiger Kompass in diesen unruhigen Zeiten. Nehmen wir darum die Empfehlungen des Wissenschaftsrates ernst und – mindestens genauso wichtig – hören wir stärker auf Friedensforscherinnen und Friedensforscher! Damit ließen sich Zerstörungswirkungen von Konflikten und menschliches Leid sicher verringern.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Michael Meister.

(Beifall bei der CDU/CSU)